Wir leben in einer Welt, in welcher Wandel, Komplexität, Technologien und Digitalisierung immer größeren Einfluss haben. Viele Organisationen stecken noch immer in bürokratischen Strukturen des 20. Jahrhunderts fest. Gerade jetzt in der Coronakrise zeigt sich deutlich: Wer bereits agil arbeitet und den Kunden im Fokus hat, ist klar im Vorteil.
Der aktuelle „Business Agility Report“ befragte rund 450 Personen aus 274 Organisationen, die Chancen und Herausforderungen in der agilen Transformation aufzuzeigen. In dieser Notiz beschäftigen wir uns mit den Schlüsselergebnissen und bringen sie in Relation zur aktuellen Krisensituation.
Den Business Agility Report 2019 HIER herunterladen
Vorteile einer agilen Organisation:
Die meisten Organisationen bewerten den Reifegrad ihrer Agilität als relativ gering, sind aber dennoch sehr enthusiastisch in Bezug auf die Zukunft. Die Daten zeigen bedeutende Vorteile von agil agierenden Unternehmen in Bezug auf:
– Verbesserte Kundenbeziehungen
- Größere Transparenz und höhere Motivation der Mitarbeiter
- Erhöhter Umsatz, Marktanteil, Markenwahrnehmung
- Schnellere Durchlaufzeiten und eine bessere Qualität der Angebote
Abbildung 1: Vorteile einer agilen Organisation (Business Agility Report, 2019)
Die Vorteile einer agilen Organisation scheinen also klar auf der Hand zu liegen. Aber, wie wird ein Unternehmen agil? Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Unternehmen, die eine höhere Agilität vorweisen konnten, immer besonderen Fokus auf diese drei Schlüsselindikatoren hatten:
Prädiktive Indikatoren
– Finanzierungsmodelle
Adaptive Finanzierungsmodelle von Geschäftsergebnissen ermöglichen den Unternehmen, schnell und einfach in neue Produkte oder Dienstleistungen zu investieren, wenn sich eine Möglichkeit im Markt ergibt. Genauso schnell können Geschäftsbereiche, die nicht den erwünschten Geschäftswert haben, wieder abgestoßen oder geändert werden.
In Zeiten von Corona und auch danach dürfte das um so wichtiger werden.
– Wertschöpfungsketten
Mit flexiblen und kundenorientierten Wertschöpfungsketten können Organisationen Teams in der ganzen Organisation einsetzen und so Mehrwert für den Kunden generieren.
Auch das macht die Pandemie deutlich: Unternehmen, die in der Lage sind, schnell neue Bedarfe zu adressieren (von der Atemmaske bis zum Beatmungsgerät), werden eher in der Lage sein, sich den irrsinnig schnell wandelnden Bedürfnissen anzupassen.
– Kontinuierliche Verbesserung
Eine Unternehmenskultur, die kontinuierliches Lernen und Ausprobieren zulässt, ermöglicht Organisationen sich kontinuierlich zu verbessern. So können langfristig Kosten reduziert und die Effizienz gesteigert werden.
Ein sehr zentraler Aspekt, der insbesondere jetzt schon von Unternehmen ins Auge gefasst werden sollte: Was lernen wir schon heute aus der Krise? Was sollten wir unbedingt beibehalten? Fatal wäre es, wenn all die Lernchancen, die sich in dieser hochkritischen Zeit ergeben haben, nicht genutzt werden würden, sobald der “Normalbetrieb” wieder anläuft. Ein bloßes Zurückfallen in alte Muster wäre vergebene Lernchance.
Wir bereiten gerade ein pragmatisches Analyseinstrument vor, das unsere Kunden dabei unterstützen wird, die sich bietenden Lernchancen auch langfristig zu nutzen. Wenn Sie Interesse daran haben, schreiben Sie uns einfach eine kurze Mail und wir halten Sie auf dem Laufenden.
Unternehmensgröße
Auch die Größe des Unternehmens hat einen Einfluss auf die Agilität. Kleine Unternehmen sind laut der Studie 17% agiler im Vergleich zu größeren.
Branchen
Die agilsten Unternehmen sind im Consulting tätig, gefolgt von Einzelhandel, Gastgewerbe und der Unterhaltungsbranche. Ebenfalls agil arbeitende Organisationen sind in der Informationstechnologie anzutreffen.
Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung der agilen Transformation
Abbildung 2: Business Agility Characteristics (Business Agility Report, 2019)
Hauptfaktoren für eine erfolgreiche agile Transformation in einem Unternehmen sind der Fokus der Geschäftsführung, Kundenverständnis und der „Purpose“ des Unternehmens. Unterstützende Maßnahmen, Modelle, Auftragsrichtlinien, Lieferketten oder Netzwerke spielen währenddessen eine geringere Rolle.
Geografische Lage
Der weltweite Reifegrad wird mit 4,7 auf einer Skala von 0-10 beziffert. Die Region EMEA landet mit einem Wert von 3,7 auf dem regional letzten Platz. Wobei einschränkend festgestellt werden muss, dass die Region EMEA die vermutlich heterogenste im Vergleich mit den anderen Regionen ist.
Abbildung 3: Agile Organisationen weltweit (Business Agility Report, 2019)
Treiber der Agilität im Unternehmen
Innerhalb der Belegschaft sieht man, dass vor allem die Vorbildfunktion des C-Levels, also die erste Führungsebene und das Board, in einem Unternehmen wichtig für eine erfolgreiche Umsetzung ist und die agile Transformation vorantreibt.
Abbildung 4: Wer die Transformation vorantreibt (Business Agility Report, 2019)
Herausforderungen zur Umsetzung einer agilen Transformation
Als Herausforderungen für die Umsetzung einer agilen Transformation sind der Führungsstil, das Veränderungsmanagement, die Unternehmenskultur und das agile „Mindset“ eines Unternehmens maßgeblich entscheidend.
Abbildung 5: Herausforderungen der agilen Transformation (Business Agility Report, 2019)
Führungsstil
Der Führungsstil hat mit Abstand den größten Einfluss. Die Führungsebene gibt erfahrungsgemäß den Ton für die gesamte Organisation an. Wird die Transformation unzureichend unterstützt, stagniert der Wandel im Unternehmen.
Bereits wenn ein Teil der Führungskräfte die neue Unternehmenskultur nicht annimmt, hat eine unklare Kommunikation negative Effekte auf die gesamte Organisation. Führungskräfte sollten sich deshalb bewusst darüber sein, wie sie das agile „Mindset“ umsetzen und das Veränderungsmanagement handhaben, denn ihr Verhalten überträgt sich auf die Mitarbeiter und das gesamte Unternehmen.
Veränderungsmanagement
Unternehmen sehen oftmals erste positive Ergebnisse der agilen Transformation, fallen aber nach kurzer Zeit in alte Verhaltensmuster und Strukturen zurück. Oft gibt es eine Fehlausrichtung oder einen Mangel an Klarheit über Vision und Ziele. Die Kommunikation ist oft weder transparent noch aktuell. Wenn die Mitarbeiter nicht aktiv in den Transformationsprozess eingebunden werden, wird die Transformation nicht akzeptiert und ein Scheitern ist vorprogrammiert. Eine Möglichkeit, gegen eine solche Entwicklung zu steuern, ist, Transformationsbegleitung zu einer Kernkompetenz für die gesamte Belegschaft zu entwickeln, anstatt zu einer Fähigkeit, die nur ausgewählte Spezialisten erbringen können. Promotoren können regelmäßig geschult werden und auf allen Ebenen den Transformationsprozess positiv vorantreiben.
Unternehmenskultur
Die Unternehmenskultur ist eine weitere Herausforderung im agilen Transformationsprozess, insbesondere im Skalierungs- und Wachstumsprozess. Erfahrungsgemäß dauert es meist viele Jahre, bis sich eine neue Unternehmenskultur etabliert hat.
Jedes Unternehmen verfügt unbewusst über Mechanismen, die in bestimmten Situationen in Gang gesetzt werden, z.B. bei Marktveränderungen oder Änderung des Kundenverhaltens. Diese haben sich über Jahrzehnte im Unternehmen etabliert.
Durch die aktuelle Corona-Pandemie bietet sich jetzt – so absurd das auch klingen mag – die einmalige Chance, typische Handlungsmuster zu hinterfragen, denn nur die wenigsten Unternehmen können einfach so weitermachen wie bisher. Die meisten sind bis auf den Kern herausgefordert und viele bis ins Mark getroffen.
Es sollte allen Beteiligten im Unternehmen klar werden, dass ein Kulturwandel ein langwieriger Prozess ist. Die Führungsebene sollte konsequent darauf achten, bewusste Schritte mit der neuen Kultur zu gehen, konsequent zu kommunizieren, Unterstützung anzubieten und ein offenes Ohr für Fragen zu haben.
Agiles „Mindset“
Das agile “Mindset” fasst die Hauptprinzipien, Werte und Praktiken eines Unternehmens zusammen und bildet einen der Grundpfeiler der Unternehmenskultur. Durch Arbeitsbelastung oder Marktveränderungen verfällt man leicht in einen veralteten Managementstil.
Führungskräfte sollten deshalb Entscheidungen verstärkt an das Team übergeben und diese mittragen, auch wenn sie selbst eine Entscheidung anders treffen würden. Außerdem sollten Führungskräfte eine Umgebung schaffen, in der Fehlentscheidungen getroffen werden können, damit das Team ohne Angst neue Dinge ausprobieren kann.
Um das agile „Mindset“ in der Organisation zu stärken, empfiehlt es sich auf allen Ebenen in der gesamte Organisation „Coachings“ anzubieten und ein Mentorensystem einzuführen.
Ausrichtung
Eine der Hauptursachen für Schwierigkeiten in der Umsetzung ist die fehlende Ausrichtung in Hinblick auf Vision und Ziele der agilen Transformation. Fehlt die Ausrichtung, beginnen die verschieden Bereiche der Organisation mit der eigenen Auslegung der Strategie. Das Gesamtziel der Organisation und die langfristige Ausrichtung kann so natürlich nicht erreicht werden.
Um hier dagegen zu steuern empfiehlt es sich neben der Führungsebene und dem mittleren Management auch den Rest der Belegschaft bei der Vision und Zielsetzung des Unternehmens aktiv miteinzubinden.
Fazit:
Es zeichnet sich gerade in der aktuellen Situation ab, dass je agiler die Organisation ist, desto größer ist die Zufriedenheit bei Kunden und Mitarbeitern, desto höher ist auch der Markterfolg und schlussendlich umso gesünder ist langfristig die gesamte Organisation.
Es gibt zahlreiche Herausforderungen im agilen Transformationsprozess. Wichtig ist vor allem transparent zu kommunizieren und Mitarbeiter auf allen Ebenen mit in den Prozess einzubinden. Die Führungskräfte haben eine entscheidende Vorbildfunktion und mit Coachings und Mentorenprogrammen sollte man den Prozess unterstützen, damit der agile Transformationsprozess in die Unternehmenskultur und das agile „Mindset“ fest verwurzelt wird.