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Akzeptanz als Goldstandard in Change Prozessen – Wie Sie die Erkenntnisse von Kotter für sich nutzen können

Spätestens seit Kurt Lewin in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts mit seinem Drei-Phasen-Modell („Unfreeze| Move | Refreeze“) den Diskurs in systematische Bahnen gelenkt hat, ist ein beachtliches Wissen um Problematik und Möglichkeiten des Change Managements gewachsen.

3-Phasen-Modell-Lewin

In der Folge von Lewins Überlegungen hat sich eine Management-Disziplin entwickelt, die Erkenntnissen u.a. aus der Organisations- und Führungslehre, der Psychologie und der Gehirnforschung zugreift und zusammenbringt. Am Beispiel von Kotters 8-Phasenmodell wird in den folgenden Überlegungen verdeutlicht, wie Sie Akzeptanz als grundlegenden Erfolgsfaktor in Change Prozessen in den Blick nehmen, verstärken und auch konstant die Veränderungsenergie hochhalten können.

„Betroffene zu Beteiligten“ machen oder „Beteiligte betroffen“ machen. Das ist hier die Frage …

Im Mittelpunkt der Erörterung von Erfolgsfaktoren und Gründen für das häufige Scheitern von Change Prozessen steht die Erkenntnis: Eine Veränderung zu vollziehen, ohne dass Initiatoren und mitwirkende Führungskräfte die dafür notwendige Akzeptanz der Mitarbeitenden aktivieren, ist schlicht nicht möglich.

Zwei Fragen drängen sich auf: 

1. Wird das signifikant gewachsene Wissen auch aktuell, in Zeiten Digitaler Transformation, Globalisierung und disruptiven Markteinflüssen, wirklich genutzt?

2. Wenn ja, wie? 

Frage 1 ist einfach zu beantworten: Das verfügbare Wissen wird viel zu wenig genutzt, teils sogar sträflich vernachlässigt. Stellen Sie in Ihrem Unternehmen einfach die Frage:

 „Wie erleben Sie Sie Veränderungen bei uns im Unternehmen?“

Sofern Sie dafür sorgen, dass Ihre Gesprächspartnerinnen und -partner offen und ehrlich antworten, werden Sie vermutlich auch Antworten wie z.B.  „Aktionismus“, „Blindleistungen“, “Outlook-Anfragen explodieren“ oder gar „Hühnerstall“ erhalten. Folglich können Sie auch sicher sein, dass es mit der Akzeptanz für Veränderungen nicht weit her ist. Die Anschlussfrage, wie Sie Akzeptanz erzeugen, erhalten oder wiedergewinnen, braucht dagegen differenzierte Überlegungen.

Bedeutung von Akzeptanz und ihre Dimensionen

Zunächst ist es sinnvoll, eine klare Vorstellung, was Akzeptanz bedeutet zu entwickeln. Das Wort Akzeptanz leitet sich vom lateinischen „accipere“ ab und bedeutet so viel wie hinnehmen, annehmen, billigen oder auch einverstanden sein. Um eine Veränderung mit der Unterstützung von Menschen also erfolgreich durchzuführen, müssen Mitarbeitende die Veränderung annehmen und mit ihr einverstanden sein.

Für Mitarbeitende sind dabei die folgenden Dimensionen von besonderer Bedeutung, die Sie mit entsprechenden Fragen beleuchten können:  

Dimensionen der Akzeptanz

Wenn Sie ein Change Konzept oder konkretes Tool effektiv nutzen möchten, sollten Sie überprüfen, ob und wie es zu den Dimensionen der Akzeptanz beiträgt.

Förderung von Akzeptanz am Beispiel des 8-Stufenmdodells von Kotter

Kotters Modell kann als Weiterentwicklung des Lewinschen 3-Phasen-Modells verstanden werden. Um einen erfolgreichen Wandel zu initiieren, muss nach Kotter ein Unternehmen alle Schritte des in Abbildung 1 dargestellten 8-Stufenmodells durchlaufen.  

8-Stufen-Modell-Kotter

Abbildung 1: Klassische Darstellung von Kotter‘s 8-Stufen-Modell 

Am Beispiel der Auswahl von drei der insgesamt acht Phasen nach Kotter lässt sich verdeutlichen, wie Führungskräfte ganz gezielt die Akzeptanz von Beteiligten in den Mittelpunkt ihres Führungshandelns rücken können.

Beispiel Phase 1: Ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen

Einerseits: Es ist inzwischen eine gute Übung, dass Führungskräfte mit einer sachgerechten Analyse von wahrgenommenen und prognostizierten Veränderungen im Marktumfeld direkt die Frage nach dem „Warum“ adressieren. Andererseits: Es erscheint trivial, wird aber zu oft vergessen: Die Analyseergebnisse und Schlussfolgerungen müssen den Mitarbeitenden in guter Qualität kommuniziert werden. Wie oft ist den Initiatoren einer Veränderung die Dringlichkeit, z.B. der Einführung eines Prozessmanagements glasklar. Aber bei der Kommunikation der Dringlichkeit wird geschludert – sei es, weil sie nicht in geeigneter Form, in der erforderlichen Tiefe, zum richtigen Zeitpunkt, usw. geleistet wird.

In der Stufe 1 kann die Akzeptanz sogar noch auf eine breitere Grundlage gestellt werden, in dem die am Change Beteiligten frühzeitig und partizipativ in die Analyse aktiv einbezogen werden. Beispiel: Was spricht dagegen, engagierte Mitarbeitende einzuladen, bei der Erstellung einer SWOT-Analyse auch ihre eigene Sicht auf Stärken und Schwächen und ihre Einschätzung von Chancen und Risiken für die zukünftige Unternehmensentwicklung einzubringen? Der Effekt ist klar, denn: Aus der Gehirnforschung wissen wir: Das Gehirn des Menschen wird durch eigenes Nachdenken zum „Warum“ ganz anders aktiviert, als wenn eine Dringlichkeit dem Menschen nur mitgeteilt wird.

Beispiel Stufe 4: Die Vision des Wandels kommunizieren

Kotter spricht in seinen Erläuterungen der Stufen auch explizit von Akzeptanz. Diese soll insbesondere durch die Kommunikation der Vision und der Strategien gefördert werden. Mittels guter Führungsleistung adressieren Sie also gleich zwei Akzeptanzdimensionen: Das Einverständnis über das Ergebnis und das Verständnis über die Umsetzbarkeit. Die Mitarbeitenden sollen die Vision verstehen und sich mit ihr identifizieren. Durch eine gut entwickelte Strategie bekommen die Mitarbeitenden eine klare Vorstellung über die praktische Umsetzung.

Kann der Akzeptanzprozesses auch in Stufe 4 noch weiter gefördert werden? Auf die Frage kann es nur ein klares „Natürlich, Ja“ geben. Denn: Was spricht dagegen, ausgewählte Mitarbeitende bereits in der vorausgehenden Stufe 3 „Vision und Strategie entwickeln“ in kreativer Weise einzubeziehen? Praktisch kann dies bewerkstelligt werden, indem z.B. Feedback von Mitarbeitenden zu einer Rohversion der Vision eingeholt wird und dieses in die endgültige Fassung eingearbeitet wird. Der Effekt: Den Mitarbeitenden fällt die Identifikation mit der Vision leichter. Aller Erfahrung nach wird die inhaltliche und optische Endfassung der Vision durch das Feedback auch ein Stück raffinierter und damit im Kreis der Mitarbeitenden anschlussfähiger.  

Beispiel Stufe 7: Erfolge konsolidieren, kontinuierliche Veränderungen einführen 

Auf den ersten Blick scheint es in Stufe 7 weniger um Akzeptanz als um Überprüfung zu gehen und den „Druck zu erhöhen“. Kotter geht es jedoch vielmehr darum, Glaubwürdigkeit aufzubauenindem die angestoßene Veränderung auch tatsächlich vollzogen wird. Erst auf der Basis positiver Erfahrungen können weitere Veränderungen in Systemen, Strukturen, Verfahrensweisen usw. mit realistischen Erfolgsaussichten angegangen werden.

Wer den Alltag des Change Managements kennt, weiß, dass ein Führungshandeln im Sinne der Stufe 7 häufig von Wunschdenken geprägt ist. Wenn Mitarbeitende davon sprechen, dass „jede Woche eine neue Sau durch’s Dorf getrieben wird“, geht die Bereitschaft für weitere Veränderungen vermutlich gegen Null. Die Akzeptanz schwindet mit jedem angestoßenen und auf halber Strecke verhungerten Change Prozess, weil Mitarbeitende die Sinnhaftigkeit anzweifeln (Akzeptanzdimension 1), den Glauben in den Willen zur Umsetzung verlieren (Akzeptanzdimension 3) und verständlicherweise auch keinen Nutzen für sich sehen, Engagement für etwas zu zeigen, das ohnehin nicht zu Ende gebracht wird (Akzeptanzdimension 4).

Glaubwürdigkeit, Erfolgserlebnisse und positive Erfahrungen sind der Nährboden für Akzeptanz in weiteren Change Prozess. Der Effekt wird in dem Maß verstärkt, indem Führungskräfte die Menschen, welche die Veränderung stemmen sollen, aktiv in die Entscheidungsfindung, z.B.  bei der Prioritätensetzung, einbinden und für die Bewältigung der Veränderung fördern und entwickeln.

Wenn Sie sich als Führungskraft selbst für die hier angesprochenen Herausforderungen zur Führung in Veränderungsprozessen fit machen, erfüllen Sie nicht nur die Vorbildrolle, sondern auch die Voraussetzung, den Goldstandard zu ernten. 

Betroffene zu Beteiligten machen heißt nicht, Basisdemokratie im Unternehmen einführen …

… Aber Change Werkzeuge wie das Modell von Kotter liefern Ihnen einen Rahmen, wie Sie Mitarbeitende für Change Prozesse ins Boot holen und darin behalten können. Vorausgesetzt, das Werkzeug wird professionell eingesetzt. Andernfalls gilt das bekannte angelsächsische Bonmot

 „A fool with a tool is still a fool.“

Wenn Ihr Unternehmen in disruptivem Marktumfeld operiert, KÖNNEN Sie nicht nur, sondern MÜSSEN auf die Akzeptanz Ihrer Mitarbeitenden in der Bewältigung von Transformationsprozessen setzen. Kreatives und mutiges Führungshandeln ist gefragter denn je. Wie Sie das bewerkstelligen, zeigen die Beispiele in den exemplarisch auswählten Stufen.

Wie können Sie die Prinzipien des Kotter-Modells erfolgreich in Ihrer Organisation anwenden und umsetzen? Wir bei REFLECT stehen Ihnen zur Seite, um einen genauen Blick auf Ihre Situation zu werfen, möglichen Handlungsbedarf an den richtigen Stellen zu erkennen und differenzierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse erarbeiten wir praktikable und umsetzbare Lösungsansätze. Wir unterstützen Sie auf diesem Weg! 

Literaturtipps:

Doppler, Klaus; Lauterburg, Christoph (2019), Change Management – Den Unternehmenswandel gestalten, 14. Auflage, Frankfurt/M.

Kallenbach, Ingo (2017): Führen in der Gesunden Organisation: Außergewöhnliche Leistung durch Potentialentfaltung, Stuttgart

Kotter, John P. (2011): Leading Change, München

Vahs, Dietmar; Weiand Achim (2020): Workbook Change Management – Methoden und Techniken. 3. Auflage, Stuttgart

Ziemendorf, Brigitte (2009): Emotionale Akzeptanz in Veränderungsprozessen. Entwicklung eines didaktischen Konzeptes. Disseration. Peter Lang Verlag

Bildquellen

Evdokimov, Konstantin (2021) https://unsplash.com/de/fotos/LvDY2D-FmAA

https://oiba.ch/change-management-modelle

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