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Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums

In den letzten 40 Jahren haben menschliche Aktivitäten und die Priorisierung des Wirtschaftswachstums gegenüber Faktoren wie Gleichheit, Bildung, Gesundheit und sozialen Beziehungen dazu geführt, dass die natürlichen Ressourcen der Erde schneller aufgebraucht werden, als sie sich regenerieren können.

Dem Living Planet Index zufolge nimmt die biologische Vielfalt der Erde weiter ab, während Dürren, Waldbrände und extreme Temperaturen zunehmen. Diese Umweltzerstörung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit und die wirtschaftliche Sicherheit der Weltbevölkerung. Wirtschaftliche Ungleichheit schadet der Gesellschaft, kann Ängste und Krankheiten verstärken und zu sozialen und politischen Unruhen führen.

Biodiversität-1

Nicht zuletzt haben die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme verschärft und einige Regierungen dazu veranlasst, die Definition einer gesunden und wohlhabenden Gesellschaft zu überdenken und darüber nachzudenken, wie die Wirtschaft zu einem größeren globalen Wohlstand beitragen kann.

Das sind die drei relevantesten Überlegungen: 

  • Wiederherstellung eines harmonischen Verhältnisses zwischen Gesellschaft und Natur.
    Eine Wohlfahrtsökonomie fördert nicht nur die Lebensqualität für alle – einschließlich guter körperlicher und geistiger Gesundheit und der Möglichkeit, Wünsche zu erfüllen, sondern auch die Nachhaltigkeit für den Planeten. Eine gesunde und wohlhabende Gesellschaft beginnt mit der Natur und betrachtet sie sowohl als Ressource zur Befriedigung von Konsumbedürfnissen als auch als System, von dem wir ein Teil sind.
  • Gerechte Verteilung der Ressourcen gewährleisten, um wirtschaftliche Ungleichheiten zu bekämpfen.
    Die Entwicklung einer Wohlfahrtsökonomie umfasst viele Aspekte der Gesellschaft, darunter wirtschaftliche Sicherheit, persönliche Sicherheit, Gesundheit und Gemeinschaft. Länder mit einem höheren durchschnittlichen Wohlstandsniveau weisen in der Regel eine größere Gleichheit zwischen den Bevölkerungsgruppen auf und haben weniger Menschen, die unter Entbehrungen leiden.
  • Gesunde und widerstandsfähige Individuen und Gemeinschaften unterstützen.
    In einer erfolgreichen Wohlfahrtsökonomie leben alle Menschen in Würde, fühlen sich verbunden und zugehörig und engagieren sich aktiv in ihren Gemeinschaften. Die Menschen haben gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen, die ihre menschlichen Grundbedürfnisse befriedigen, einschließlich der Unterstützung für physisches, psychisches, emotionales, soziales und spirituelles Wohlbefinden. Länder, die den Zusammenhang zwischen individuellem und kollektivem Wohlergehen und die Rolle der Wirtschaft bei der Förderung des Wohlergehens verstehen, setzen Maßnahmen um, die zufriedenstellende Wohnverhältnisse, Sicherheit, starke Beziehungen in der Gemeinschaft und Vertrauen in die Politik fördern. 

Die Corona Krise hat gezeigt, dass schnelle und (erschreckend) einschneidende Veränderungen in großem Umfang durchaus möglich sind.  Dieses antizipative und präventive Denken haben wir verstanden. Für Veränderungen braucht es den Willen, unbequem zu werden. Dafür müssen Prozesse, die nicht mehr zweckdienlich sind, aufgelöst beziehungsweise abgelöst werden.

Derzeitig stehen digitale Veränderungen im Mittelpunkt, insbesondere die Integration von Künstlicher Intelligenz. Fest steht: Je erneuerungsfähiger, desto digital reifer ist ein Unternehmen. Die Erneuerungsfähigkeit oder genauer die „Selbsterneuerungsfähigkeit“ einer Organisation bezieht sich unter anderem auf die Fähigkeit einer Organisation zur Reflexion über sich selbst, zum Zulassen von Fehlern, zur Kommunikation, zum Experimentieren und zum Zweifeln. Der Begriff der digitalen Reife bezieht sich hier auf das psychologische Verständnis von Reife als erlernte Fähigkeit, auf Anforderungen der Umwelt in einer bestimmten Weise zu reagieren.

Wie wäre es also mit einer Kreislaufwirtschaft (Circular Economy, CE)?

Zirkuläres Unternehmertum und zirkuläre Innovation können Katalysatoren für zirkuläre Umwälzungen sein. Bottom-up-Innovation, Lernen sowie Serendipität (Wichtiges zu finden, das man nicht suchte) gelten als kritische Faktoren für disruptive systemische Übergangsprozesse, weshalb die beschleunigte Entstehung von zirkulären Unternehmen eine wichtige Säule für einen Übergang zur Kreislaufwirtschaft sein kann. Aber Achtung: Eine Kreislaufwirtschaft ohne Geschäftsmodell wirkt wie „ein Auto ohne Fahrer am Steuer“. 

Kreislaufwirtschaft

Wer hat die Nase vorn?

Im Gegensatz zu etablierten Unternehmen haben Start-ups klare strukturelle Vorteile bei der ganzheitlichen Umsetzung von Praktiken, die den disruptiven, systemischen Wandel unterstützen, den CE erfordert.

Generell kann man feststellen, dass Circular Start-ups (CSUs) unabhängiger in ihrer Entscheidungsfindung sind. Sie können Strategien entwickeln, um zirkuläre Praktiken von Grund auf zu valorisieren. Start-ups, die gerade dabei sind, ihr Firmenimage zu etablieren, können Kreislaufinnovationen entweder direkt durch Skalierung vorantreiben oder indirekt, indem sie als Innovatoren und Vorbilder größere systemische Veränderungen anführen.

Sie sind Nischenakteure, die als „Keimzelle“ für größere Systemveränderungen agieren können. Es gibt zwar einige wenige Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung von Circular-Business-Models-Innovationen durch große Unternehmen (z.B. Reverse Logistics mit deren Verlängerung der Produktlebensdauer), aber etablierte Unternehmen tun sich überwiegend schwer damit, disruptive CE-Praktiken in ihren Geschäftsmodellen in beschleunigtem Tempo effektiv umzusetzen.

Die etablierten Unternehmen sind durch frühere Investitionen und bestehende Lieferantenbeziehungen gebunden und betreiben daher relativ unflexible Geschäftsmodelle, die eher inkrementelle Innovationen zulassen. Theorien zum Übergang zur Nachhaltigkeit, wie die Ansätze technischer Innovationssysteme und missionsorientierter Innovationssysteme, legen nahe, dass eine Angleichung der Motive und Ausrichtung der Akteure erforderlich ist, um die Skalierung zirkulärer Innovationen zu ermöglichen.

Wissenschaftler*innen, welche CE-Praktiken von Unternehmen unter die Lupe genommen haben, haben das Fehlen einer systemischen Lieferkettenperspektive, eine lineare Organisationskultur, Greenwashing, einen Mangel an angemessenen Evaluierungsmaßnahmen und die Risikoscheu bei der Umsetzung radikaler Veränderungen als zentrale Hindernisse identifiziert.

Dennoch…

Im Allgemeinen ist die unternehmerische Motivation in kleinen und mittleren Unternehmen durch Einstellungen wie Risikobereitschaft, Innovationsfähigkeit und Proaktivität gekennzeichnet.

Die Kreislaufwirtschaft, die sich an der „Abfallvermeidung“ des Ökosystems orientiert, um ressourceneffizientere Produktions- und Verbrauchsmuster vorzuschlagen, hat in letzter Zeit das Interesse verschiedenster Akteure geweckt.

Zirkuläres Unternehmertum, das als Prozess der Erkundung und Nutzung von Möglichkeiten im Bereich der Kreislaufwirtschaft verstanden wird, ist gerade erst im Entstehen. Auch die Einbettung der unternehmerischen Orientierung ist charakteristisch: Unternehmerisches Handeln in der Kreislaufwirtschaft bedeutet, Werte für das größere System zu schaffen, in die eine Organisation eingebettet ist.

Darüber hinaus ist das Streben nach ökologischem und sozialem Wert zentral für die Logik der Wertschöpfung und kennzeichnet den unternehmerischen Prozess. Nachhaltige Unternehmer*innen zeichnen sich durch das Ziel aus, einen Sektor oder Markt durch die Nutzung wirtschaftlicher Chancen in Richtung eines besseren ökologischen und/oder sozialen Zustands zu verändern.

Sie bewerten ihre Gewinne in wirtschaftlichem und nichtwirtschaftlichem Nutzen und weichen damit von der ökonomischen Wertdefinition des traditionellen, kommerziellen Unternehmertums ab.

Die Vision …

… der Circular-Entrepreneurs basiert auf der Idee, dass ihre Unternehmen durch direkte (Wachstum) oder indirekte (Inspiration/Erziehung) Maßnahmen einflussreiche Treiber für zirkuläre Praktiken sind. Die vorherrschende Vision bezieht sich auf Expansion und das Streben nach Umweltverträglichkeit. Abgesehen davon ist die Vision der Kreislaufunternehmer, den Kreislaufkonsum zu inspirieren/erziehen und mehr Kreislaufwirtschaft in den Wertschöpfungsketten zu ermöglichen.

Nichtsdestotrotz werden wirtschaftliche Faktoren wie Marktanteile und Einnahmen als wichtige Indikatoren für Erfolg und wachsende Wirkung betrachtet. Die Unternehmen der Kreislaufwirtschaft an der Basis konzentrieren sich eindeutig auf die Nähe zu den Verbrauchern und Verbraucherinnen sowie die Zugänglichkeit für ihre Kunden, um einen umfassenden Systemwechsel herbeizuführen.

Das kann zentrale Veränderungen in einem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem bewirken, weil es nicht eine Regierung ist, die das top-down vorantreibt, sondern weil dieser Übergang sympathisch und gewollt vonstatten geht (Pull Effekt). Menschen mögen diese über den Tellerrand hinausschauenden Ansätze und sympathisieren mit solchen Unternehmen.

Aus der Perspektive einer Gesunden Organisation, die ja immer auch eine gesunde Umwelt impliziert, können auch Sie über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus potenzielle Kunden darüber informieren und dazu inspirieren, Normen zu ändern und das Bewusstsein für die Kreislaufwirtschaft über den Kauf und die Nutzung entsprechender Produkte zu forcieren.

Wie können Sie die Potenziale der Kreislaufwirtschaft in Ihrem Unternehmen bestmöglich nutzen und dabei gleichzeitig Ihren unternehmerischen Zweck finden? Wir bei REFLECT stehen Ihnen zur Seite, um einen genauen Blick auf Ihre Situation zu werfen, möglichen Handlungsbedarf an den richtigen Stellen zu erkennen und differenzierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse erarbeiten wir praktikable und umsetzbare Lösungsansätze. Wir unterstützen Sie auf diesem Weg!

Quellen

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