In Unternehmen geht es um die harten Fakten von Technologien, Kennzahlen, Profit. Da ist für Sozialromantik kein Platz. Die Ansicht, dass „weiche Faktoren“ in der Unternehmensführung vernachlässigbar sind, gilt jedoch seit langem als überholt. Dennoch hält sie sich in zahlreichen Ecken und unzähligen Winkeln vieler Unternehmen wie ein festsitzender Moder. Um dies zu ändern, hilft es, die Argumentation vom „anderen Ende her“ zu führen:
Nur wer in der Lage ist, weiche Faktoren, wie z.B. Empathie, effektiv zum Nutzen des Unternehmens zu einzubringen, hat im harten Wettbewerb um Produkte, Technologien, Marktanteile die Nase vorn. Warum? Weil ER oder SIE zum Überleben im Wettbewerb die MENSCHEN braucht. Dies gilt insbesondere für Phasen des Wandels, in denen Menschen besonderen Situationen wie Unsicherheit, Aufregung, Besorgnis ausgesetzt sind. Und in denen es umso mehr auf gute Führung durch die Führungskräfte ankommt als dies in „normalen, ruhigen“ Zeiten ohne Veränderung der Fall ist.
Die Psychologie unterscheidet zwei Qualitäten von Empathie. Kognitive Empathie hilft, sich gedanklich in die Gefühlswelt anderer Menschen hineinzuversetzen. Einen Weg, wie Führungskräfte diese Kompetenz für das Steuern von Veränderungen im Unternehmen stärken können, weist dieser Beitrag. Emotionale Empathie geht einen Schritt weiter: Sie steht für das Mitfühlen für Menschen. Wie sich Führungskräfte in letzterer Kompetenz stärken können, wird in einem gesonderten Blogbeitrag nachgegangen.
Wie Sie Ihre kognitive Empathie entwickeln: Das Beispiel der Veränderungskurve
Gerade in Veränderungsprozessen kann nicht-empathisches Vorgehen zu persönlichen Irritationen, Demotivation, Leistungseinschränkung bei Mitarbeitenden führen und dadurch letztlich ökonomisches Kapital vernichten. Dabei ist die Investition in die Stärkung empathischer Kompetenzen vergleichsweise gering. Denn die Möglichkeiten liegen auf der Hand: Werkzeuge, die Führungskräften helfen, Veränderungen friktionsfreier zu steuern, sind allseits bekannt. Mit einer überschaubaren Zeitinvestition und ein wenig Überlegung sind sie auch einfach in der Bedienung. Das Problem auf den Führungsetagen liegt woanders: Auch gut bekannte Werkzeuge bleiben im Führungsalltag halt ungenutzt.
Am Beispiel der Veränderungskurve können Sie sich ein Bild von den Möglichkeiten machen, die Ihnen ein solches Change Werkzeug bietet. Dieses hilft Ihnen auf zwei Ebenen. Erstens: Sie erhalten eine gute Vorstellung davon, was im Innern eines/ einer Mitarbeitenden vor sich geht, sobald Sie ihn/ sie mit Veränderung konfrontieren. Zweitens: Auf der Grundlage Ihrer Einschätzung können Sie Ihre Kommunikation ganz anders und Ihre Führung deutlich effektiver gestalten.
Technisch gesprochen hilft Ihnen die Kurve, Ihr Führungshandeln auf die Zielgröße „Gewünschtes Verhalten der Mitarbeitenden im Umgang mit Veränderung“ so einzupendeln, dass erwartbare, aber ökonomisch unerwünschte Abweichungen von Ihren Verhaltensanforderungen möglichst geringgehalten werden.
Abbildung 1: Der persönliche Umgang mit Veränderung – die Veränderungskurve
In Abbildung 1 sehen Sie prognostizierte Innerungen, die Menschen typischerweise – und somit auch erwartbar – durchleben, wenn sie von einer Veränderung betroffen sind. Die wahrgenommene Kompetenz des/der Betroffenen zum Umgang mit der Veränderung schwankt zu Beginn zwischen einem Schockstarre artigen Gefühl des Kompetenzverlusts und einem danach einsetzenden übersteigerten Kompetenzgefühl zur Abwehr der Veränderung (Verneinung: „mit mir nicht …“). Anschließend durchläuft der Mensch Stadien der emotionalen Verunsicherung, die sich in Phasen der Einsicht und Akzeptanzbildung bemerkbar machen, gefolgt von Situationen der emotionalen Bestärkung, typisch für Phasen des Ausprobierens und Erkenntnisgewinns. Das Wechselbad der Gefühle mündet letztlich in einem deutlich gestiegenen Kompetenzgefühl, das sich in der Phase der Integration durch selbstverständlichen Umgang mit der Neuerung zeigt.
Natürlich reagiert jeder Mensch anders. Und die idealtypische Abbildung der Innerungen des Menschen wird in der Wissenschaft auch kritisch kommentiert. Aber die Kurve gibt Ihnen als Führungskraft doch eine ganz brauchbare Einschätzung davon, WARUM Sie mit WELCHEN Reaktionen Ihrer Mitarbeitenden im Verlauf des Veränderungsprozesses rechnen sollten. So können Sie Ihr Führungshandeln konstruktiv gestalten
Versetzen Sie sich in unterschiedliche Situationen entlang der Veränderungskurve und fragen Sie:
Was brauchen meine Mitarbeitenden, wenn sie sich z.B. in einer … Schockphase befinden?
Was kann ich tun, um meine Mitarbeitenden z.B. aus der Verneinungsphase herauszuführen …?
Was kann ich tun, um meine Mitarbeitenden z.B. in der Phase des Ausprobierens zu unterstützen …?
Sie verfügen als Führungskraft über Ihren eigenen Erfahrungsschatz, den Sie nutzen können, um auch andere als die oben angesprochenen Handlungsoptionen zu wählen. Mit etwas Fantasie können Sie Ideen für adäquates Führungshandeln auch in den Phasen der Einsicht, Akzeptanz, Erkenntnis und Integration brainstormen.
Den Lohn Ihrer verbesserten Führungsleistung sehen Sie in Abbildung 2. Allfällige Friktionen wie z.B. Widerstände und unproduktive Ausschläge des gefühlten Kompetenzverlusts werden kleiner. Mitarbeitende, die Sie für die Veränderung ins Boot holen wollen, durchlaufen sämtliche Phasen zügiger. Mit anderen Worten: Ihre Leute kommen schneller mit neuen Situationen klar. Damit gilt: Sowohl zu Beginn als auch während und nach der Veränderung sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeitenden in kürzerer Zeit wieder in der Lage sind, produktiv zu arbeiten.
Abbildung 2: Was empathische Führung bewirkt
Fazit
Ein Schlüssel zum Erfolg bei der Führung liegt darin, den Blick aufmerksamer auf die Menschen anstatt allein auf die Sache zu richten. Als Führungskraft gewinnen Sie, wenn Sie es schaffen, Ihre Mitarbeitenden besser zu verstehen. In Veränderungssituationen ist die Gefahr besonders hoch, bei Menschen motivationalen Flurschaden anzurichten oder sie ganz zu verlieren. Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden besser einzuschätzen. Denn gerade in kritischen Situationen wie in Phasen des Wandels gehen Mitarbeitende besonders „gern“ von Bord. Ihre kognitive Empathie liefert keinen Königsweg. Aber sie bietet Ihnen eine Fülle von Möglichkeiten, Ihre Führungsergebnisse zu signifikant zu verbessern.
Wie gut können Sie die individuellen Bedürfnisse und Motivationen Ihrer Mitarbeitenden in Veränderungssituationen einschätzen? Bei REFLECT stehen wir Ihnen zur Seite, um einen genauen Blick auf Ihre Situation zu werfen, möglichen Handlungsbedarf an den richtigen Stellen zu erkennen und differenzierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse erarbeiten wir praktikable und umsetzbare Lösungsansätze. Wir unterstützen Sie auf diesem Weg!
Bildquellen:
Matos, David, https://unsplash.com/de/fotos/modell-der-menschlichen-anatomie-xtLIgpytpck , November 2019