Klare Stellungnahmen werden in der heutigen Zeit immer mehr gewünscht. Millennials und die Generation Z geben sich nicht mit oberflächlichen Informationen zufrieden. Sie hinterfragen, was wirklich hinter Marken und Produkten steckt. Sie wollen für ein Unternehmen und für Chefs arbeiten, die für ihre Werte einstehen und deutlich Stellung beziehen. Und bei genau diesen Unternehmen sind sie auch Kunde oder Kundin. Entsprechend werden Unternehmen mit diesen neuen Haltungen konfrontiert und müssen darauf reagieren.
Immer mehr Unternehmen der modernen Arbeitswelt nehmen Stellung zu gesellschaftlich relevanten Themen. Sie spielen mit ihren Marken eine wichtige Rolle, denn: Erfolgreiche Marken haben einen festen Platz in der Wahrnehmung und im Leben ihrer Kundinnen und Kunden (Martin, 2021). Die Tatsache, dass viele Unternehmen begonnen haben, politisch und sozial Stellung zu beziehen, bezeichnet man in der Wissenschaft als Corporate Social Advocacy (CSA) (Eisele, 2021). CSA steht für die Meinung eines Unternehmens zu einem kontroversen soziopolitischen Thema. Negative Reaktionen werden infolge der Meinungsäußerung bewusst in Kauf genommen. Eine solche Stellungnahme bedeutet allerdings nicht, sich zu jedem Thema zu äußern oder sich in die Tagespolitik einzumischen. Es bedeutet vielmehr klar Position zu beziehen bei jenen Themen, die für das eigene Unternehmen relevant sind.
An dieser Stelle kommt der Corporate Purpose ins Spiel. Beim Corporate Purpose geht es um die höhere Bestimmung und die innere Identität eines Unternehmens. Wenn Sie wissen, warum Ihr Unternehmen existiert, welche Werte es verkörpert und welchen Beitrag zur Gesellschaft es leistet, können Sie im Sinne der CSA eine klare Haltung nach außen vertreten. Lesen Sie hier in unserer Notiz, was sich hinter dem Begriff „Corporate Purpose“ verbirgt und wie Sie Ihren individuellen Purpose definieren.
Ein Blick in die Praxis: Der Vorreiter Patagonia
Ein Unternehmen, das als Paradebeispiel dafür gilt, im Sinne des Unternehmens-Purpose klar Stellung zu beziehen, ist Patagonia (Jordi, 2022). Der Hersteller von Outdoor-Bekleidung und -Ausrüstung, hat seinen Purpose, die Umwelt zu schützen und zu bewahren, tief in seiner Unternehmenskultur verankert. „Wir sind im Geschäft, um unseren Heimatplaneten zu retten.“, liest man auf der Webseite des Unternehmens. Dort wird unter der Überschrift „Aktivismus“ alles beschrieben, was Patagonia tut, um sein übergeordnetes Ziel zu erreichen. So hat sich Patagonia beispielsweise die sogenannte „Earth Tax“ auferlegt. Das Unternehmen spendet 1% seiner jährlichen Verkäufe an Umweltschutzorganisationen und setzt sich für den Schutz von Naturräumen ein.
Für Aufsehen sorgte im Jahr 2020 – kurz vor der US-Wahl – auch die Botschaft „Vote the Assholes out“, die auf die Rückseite der Etiketten in Patagonia-Kleidung genäht wurde. Marketing-Gag oder ernst gemeintes Statement? Eine Sprecherin des Unternehmens sagte damals: „Es bezieht sich auf Politiker jeder Partei, die die Klimakrise leugnen oder ignorieren und die Wissenschaft ignorieren.“ (Watson, 2020).
Statement der Firma Patagonia auf der Rückseite eines Etiketts einer kurzen Hose (Quelle: Watson 2020)
Nun ist dieses Beispiel sicherlich radikal und politisches Engagement in diesem Ausmaß für eine Modemarke untypisch, aber genau das bringt der Marke seit Jahren eine große und treue Anhängerschaft. Und: Patagonia ist nicht allein. Es gibt viele andere Unternehmen, die ihren Purpose ernsthaft leben und erkannt haben, dass ihr Erfolg nicht nur von finanziellen Kennzahlen abhängt – sondern auch davon, wie sie ihre Kundinnen und Kunden, ihre Mitarbeitenden und die Gesellschaft insgesamt beeinflussen. Stellung beziehen bedeutet: Der Purpose ist kein Marketing-Schlagwort, sondern vollkommen in das Geschäftsmodell integriert und sowohl mit der Belegschaft als auch mit der Öffentlichkeit geteilt.
Aufstieg einer neuen „Purpose-Kultur“
Laut einer aktuellen Studie weisen 52 % der Purpose-orientierten Unternehmen ein Wachstum von über 10 % auf, verglichen mit nur 42 % der Unternehmen, die keinen klar definierten Purpose haben (Harvard Business Review, 2022). Viele Unternehmen zeigen sich gegenüber Investitionen in Purpose, die Gesellschaft oder unseren Planeten trotz dieser nachgewiesenen positiven Effekte zögerlich – denn das widerspricht auf den ersten Blick der Gewinnmaximierung und „alten Mustern“.
Eine Studie von Edelman (2020) zeigte, dass 80 % der Befragten erwarten, dass Unternehmen „die Probleme der Gesellschaft“ lösen. Dazu braucht es gestärkte Unternehmen mit klaren Werten, die in unsicheren Zeiten bestehen und – nicht nur Mitarbeitenden – eine klare Orientierung geben. Ergo: Auch Kundinnen und Kunden achten zunehmend auf den Corporate Purpose von Unternehmen. Indem Sie als Unternehmen Ihren Corporate Purpose transparent kommunizieren und aktiv danach handeln, können Sie das Vertrauen Ihrer Kundschaft gewinnen und langfristige Beziehungen aufbauen. Mehr noch: Im Kontakt mit den Kundinnen und Kunden wird der Purpose immer mehr zum zentralen Element (EY, 2020).
So integrieren Sie Ihren Purpose in Ihr Geschäftsmodell
Zugegeben: Das Beispiel Patagonia ist sicherlich ein Extrembeispiel, wir finden aber: Es zeigt uns, was alles möglich ist, wenn man es wirklich ernst meint mit dem Purpose. Stellt sich nun die Frage: Wie können Sie als Unternehmen Ihren Purpose in Ihr Geschäftsmodell integrieren und ihn für Menschen außerhalb des Unternehmens sichtbar machen? Wir haben 6 Empfehlungen für Sie.
- Führen Sie eine (ehrliche!) Selbstreflexion durch: Als Unternehmen müssen Sie sich kritisch mit Ihrem derzeitigen Zweck und Ihren Aktivitäten auseinandersetzen. Ist der Purpose glaubwürdig? Wird er von den Mitarbeitenden und der Führungsebene getragen?
- Kommunizieren Sie Ihren Purpose: Der Purpose Ihres Unternehmens sollte in der Kundenbeziehung im Mittelpunkt stehen. Ein klar formulierter und authentischer Purpose ist dabei entscheidend.
- Übernehmen Sie Verantwortung: Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesellschaft und Ihre Mitarbeitenden. Legen Sie Wert auf Nachhaltigkeit und soziales Engagement – aber bitte ernst gemeint und so umgesetzt, dass es zu Ihrem Unternehmen passt. Eine aktuelle Studie zeigt, dass „Nachhaltigkeit und soziales Engagement“ zu den wichtigsten Faktoren gehören, die Arbeitnehmenden der Generation Z bei der Auswahl ihres Arbeitsgebers wichtig sind (The Adecco Group, 2022).
- Gehen Sie Partnerschaften ein: Eine Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen und Partnern stärkt die Außenwirkung Ihres Unternehmens und trägt somit dazu bei, den Purpose effektiver umzusetzen. Aber Achtung: Wählen Sie Ihre Partner*innen mit Bedacht so aus, dass gemeinsame Aktivitäten die gewünschte Haltung widerspiegeln.
- Schaffen Sie Transparenz und erstatten Sie Bericht: Berichten Sie offen und transparent über Ihre Fortschritte und Herausforderungen bei der Umsetzung Ihres Purpose. Ehrlichkeit schafft Vertrauen.
- Denken Sie in langfristigen Visionen: Purpose sollte nicht als kurzfristiges Marketinginstrument betrachtet werden, sondern als langfristige Vision, die Ihr Unternehmen leitet und inspiriert.
Was im Großen gilt, gilt auch im Kleinen…
Nicht nur vom gesamten Unternehmen, sondern auch von Ihnen als Führungskraft wird in Zukunft mehr erwartet: In einer Welt, die transparenter wird, in einer Welt, in der ehrliche Kommunikation einen hohen Stellenwert hat – da darf es nicht sein, dass Mitarbeitende mit „Fake-News“ bei Laune gehalten werden oder inakzeptable Fehler der eigenen Vorgesetzten mit guter Miene zum bösen Spiel vertuscht werden. Werden Sie aktiv und zeigen Sie Mut, wenn es darum geht, Ungerechtigkeit, Verschwendung und Überheblichkeit anzusprechen.
Fazit
In einer Zeit, in der die Gesellschaft verstärkt auf Ehrlichkeit, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung achtet, ist es für Unternehmen unerlässlich, ihren Purpose ernsthaft zu leben. Patagonia und andere vorbildliche Unternehmen zeigen, dass dies nicht nur möglich ist, sondern auch zu langfristigem Erfolg führen kann, der über finanzielle Gewinne hinausgeht.
Es ist an der Zeit, dass mehr Unternehmen Stellung beziehen und einen positiven Wandel in der Welt vorantreiben. Wir wollen Sie insofern ermuntern, Ihre individuelle und glaubwürdige Position zu beziehen und Haltung zu zeigen. Wenn schon die große Utopie in der Gesellschaft fehlt, so wenigstens eine klare Ausrichtung innerhalb der Arbeitswelt in einer Gesunden Organisation. Wer seine Werte definiert und sichtbar danach handelt, kann dadurch Halt und Orientierung schaffen.
REFLECT hilft Ihnen gern dabei, Ihren Corporate Purpose zu finden und umzusetzen. Wir stehen Ihnen zur Seite, um einen genauen Blick auf Ihre Situation zu werfen, möglichen Handlungsbedarf an den richtigen Stellen zu erkennen und differenzierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse erarbeiten wir praktikable und umsetzbare Lösungsansätze. Wir unterstützen Sie auf diesem Weg!
Quellen
Edelman (2020). https://www.edelman.com/research/brand-trust-2020
Eisele, V. (2021). https://www.prtransfer.de/csa-stellung-beziehen-lohnt-sich/
EY (2020). https://www.ey.com/de_de/long-term-value/four-ways-to-put-your-purpose-to-work
Harvard Business Review (2022). https://hbr.org/2022/03/what-is-the-purpose-of-your-purpose
Jordi, C. (2022). https://dodifferent.com/strategieberatung/hr-und-arbeitswelt-trends-2022/
Martin, U. (2021). https://agentur-publik.de/klare-kante-als-unternehmen-position-beziehen-und-haltung-zeigen/
The Adecco Group (2022). Arbeitswelt der Zukunft: Die Generation Z erobert den Arbeitsmarkt. https://www.adeccogroup.de/blog/arbeitswelt-der-zukunft-gen-z/
Watson (2020). https://politik.watson.de/international/mode/962477027-vote-the-assholes-out-patagonia-baut-seitenhieb-gegen-trump-in-hose-ein
https://eu.patagonia.com/de/de/activism