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Wie responsiv ist die Gesunde Organisation?

In unseren März-Notizen haben wir das Konzept der „Responsiven Organisation“ vorgestellt. Neue, adaptive Organisationsmodelle werden allmählich unser klassisches Verständnis von Organisationen als rein hierarchische Systeme ablösen. Als Vorteile demokratisierter, entbürokratisierter und dezentralisierter Unternehmensstrukturen gelten Agilität, Reaktionsfähigkeit und schnelles Lernen. ABER: Nur weil ein Unternehmen agil ist, heißt das nicht, dass es auch gesund und nachhaltig ist. Daher stellt sich die Frage: Wie passen responsive Organisation und das Modell der Gesunden Organisation zusammen?

Responsive Organisation und Gesunde Organisation – Was ist der Unterschied?

Typisch für responsive Organisationen sind die folgenden Faktoren: Sinnorientierung statt Profit, Netzwerke statt Hierarchien, Befähigung statt Kontrolle, Experimente statt Planung, Transparenz statt Verschwiegenheit. Damit hat sie klare Überschneidungspunkte mit der Gesunden Organisation. Diese zeichnet sich durch adaptive Strukturen aus, die folgendermaßen definiert werden: „anpassungsfähige Strukturen, die einerseits einen klaren Organisationsaufbau mitbringen, der Orientierung bietet, andererseits Offenheit für Entscheidungsfreiräume und Entfaltung von Potenzialen ermöglicht, um der Organisation in einem VUCA-Kontext die nötige Beweglichkeit zu verleihen.“

Responsive Organisationsmodelle gehen mit adaptiven Strukturen einher. Allerdings nimmt die Gesunde Organisation eine ganzheitliche Perspektive für sich in Anspruch. Eine responsive Organisation beantwortet zwar die Frage: Wie sollen wir uns in einem dynamischen und komplexen Umfeld strukturieren und organisieren? Sie legt aber weniger Wert auf Unternehmensdimensionen, die einen entscheidenden Einfluss auf die Organisationsstrukturen nehmen. Denn: Wie gestaltet man Beziehungen, wie trägt man zu einer gemeinschaftlichen Organisationskultur bei, wie richtet man sich strategisch aus, welche gesellschaftliche Verantwortung hat die Organisation und welche Werte will sie leben? Eine responsive Organisation blickt nicht auf gestresste Mitarbeiter, egozentrische Unternehmenskulturen oder ausbeutende Strategien – sie ist daher als Blaupause für einen holistischen Transformationsprozess nur eingeschränkt empfehlenswert.

Strukturwandel ohne den Menschen im Mittelpunkt scheitert

Wer versucht, agile Strukturen und Prozesse zu schaffen, ohne an die Menschen und deren Stärken, Potenziale und Sozialisierung zu denken, wird an einem organisationalen Change-Prozess scheitern. Prinzipien responsiver Organisationen lassen sich einem Unternehmen nicht einfach überstülpen. Dieselben Herausforderungen gelten auch für soziokratische, holakratische oder Zellen-Modelle. Sie bieten – sicherlich spannende und hilfreiche – Antworten auf die eher abstrahierte Strukturierung einer Organisation, auf das Betriebssystem, ohne jedoch dabei den Menschen, die Beziehungen, Unternehmenskulturen und organisationale Identität mitzudenken.

Die Gesunde Organisation – Ein ganzheitlicher Rahmen für adaptive Strukturen

Demgegenüber bietet die Gesunde Organisation eine ganzheitliche, konsistente und individuell anpassbare Grundlage; ein „Mindset“ mit klaren Methoden, auf welchem alle Unternehmensdimensionen, inklusive Führung, weiterentwickelt werden können, deren systemische Abhängigkeiten mitgedacht. Eine dieser Dimensionen sind die Unternehmensstrukturen, die auf den Erkenntnissen moderner Organisationsformen basieren, die jedoch das organisationale „Skelett“ in einen Gesamtzusammenhang stellen, in dem ganzheitliche organisationale Gesundheit der Maßstab ist.

Adaptive Strukturen – Das REFLECT-Modell

Das REFLECT-Organisationsmodell (vgl. Kallenbach 2016) illustriert den Aufbau adaptiver Strukturen. Es fasst die Erkenntnisse früherer Organisationskonzepte zusammen und erweitert diese.

Change Management REFLECT-Organisationsmodell.png

Abbildung 1: Das REFLECT-Organisationsmodell

  1. 1. Die Organisation in Kreisen und Rollen findet sich auch im Holakratie-Modell und ist sinnvoll, um Unternehmen zu dezentralisieren und Selbstorganisation zu stärken.

2. Das Konzept einer zentralen Plattform entstammt der „Podular Organization“ aus dem Buch „The Connected Company“. Die Unternehmenszentrale übernimmt unterstützende Dienstleistungen, Wissenstransfers und administrative Tätigkeiten, um den peripheren Teams Fokus auf den Kunden zu ermöglichen.

  1. 3. Die Vernetzung der Kreise untereinander und mit der Plattform ähnelt dem Aufbau einer Netzwerkorganisation. Der kontinuierliche Wissensaustausch ist essentiell, um Erkenntnisse über Markt und Kunden, neue Ideen und Ergebnisse schnell auszutauschen und organisationales Lernen zu ermöglichen.

Dieses Strukturmodell integriert wertvolle Eigenschaften verschiedener Organisationsdesigns und schafft dadurch Synergien. Durch den Einbezug von Stakeholdern, wie Kunden und Partnern, können die internen und externen Beziehungen übersichtlich dargestellt werden.

Ambidextrie – das Beste aus zwei Welten

Des Weiteren zeichnet sich das Modell durch seinen ambidexteren Charakter¹ aus. Es versteift sich nicht auf flache, selbstmanagende Teams (rote Kreise) als einzig wahre Lösung, sondern macht deutlich, dass verschiedene Bereiche unterschiedlich strukturiert werden können. Für bestimmte Abteilungen macht eine hierarchische Strukturierung durchaus Sinn, um effiziente Abläufe zu garantieren (blaue Kreise). Diese Art eines beidhändigen Betriebssystems schafft die grundlegende Ausrichtung für eine agile UND effiziente Organisation.

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Abbildung 2: Ambidextrie im REFLECT-Organisationsmodell

Fazit:

Eine Gesunde Organisation ist implizit auch eine responsive Organisation – doch nicht jede responsive Organisation ist eine Gesunde Organisation. Die Gesunde Organisaton bietet ganzheitliche und konsistente Konzepte für die Entwicklung adaptiver Strukturen, agiler Prozesse, leistungsfähiger Mitarbeiter, Beziehungen auf Augenhöhe, einer markt- und ressourcenorientierten Strategie sowie einer gemeinschaftlichen Kultur und Balancierter Führung. Damit hat sie vielleicht manch anderen Organisationsmodellen Eines voraus: Sie bezieht den Menschen und die Komplexität der Organisation in das Betriebssystem mit ein. Das Modell verbindet die Stärken bekannter Organisationsmodelle und ermöglicht eine ambidextere Ausrichtung, die Agilität und Effizienz vereint.

¹Unter organisationaler Ambidextrie wird die Fähigkeit von Organisationen verstanden, einerseits Bestehendes optimal zu nutzen (Exploitation), andererseits Neues zu erkunden (Exploration).

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