Wie Sie mit „Retrospektiven“ die Teamarbeit kontinuierlich verbessern und eine offene Feedbackkultur etablieren können
Der fünfte Teil unserer Serie widmet sich einer agilen Methode, die einen Teilaspekt des „Scrums“ darstellt. Die „Retrospektive“ dient zwischen dem Sprint-Review und der Planung des nächsten Sprints dazu, die Stärken und Schwächen der Teamarbeit zu analysieren. Auch als eigenständige, agile Methode kann diese Technik vielseitig eingesetzt werden.
Lesen Sie, wie diese Methode im Einzelnen funktioniert und wie Sie durch deren Einsatz die Zusammenarbeit der Teammitglieder bereits während eines laufenden Projektes stetig verbessern können.
Was sind „Retrospektiven“?
Im Wesentlichen sind „Retrospektiven“ Feedbackinstrumente, bei denen die folgenden Fragen im Mittelpunkt stehen: „Wie gut arbeiten wir zusammen? Wie kommen wir im Team miteinander zurecht? Was können wir verbessern?“ Um diese und weitere Punkte zu analysieren und entsprechende Lösungsansätze zu erarbeiten, treffen sich die Mitglieder eines Teams in regelmäßigen Abständen, um gemeinsam aus der vergangenen Zusammenarbeit zu lernen. Auf diese Weise soll eine stetige Verbesserung der Teamarbeit erreicht werden.
Vor allem in heterogenen Projektteams, bei denen die Mitglieder über einen sehr unterschiedlichen Erfahrungsschatz verfügen, bergen Feedback-Gespräche einige Herausforderungen in sich. Manche trauen sich oft nicht, offen auf Schwächen und Stärken anderer hinzuweisen. Den Meisten fehlt aber schlichtweg das Wissen darüber, wie ein Feedback-Dialog sinnvoll und konstruktiv gestaltet werden sollte. Die „Retrospektive“ stellt in erster Linie einen geschützten Raum für das Team dar, in dem offen über interne Probleme gesprochen werden kann. In vielen Fällen kann es aber auch sinnvoll sein, den Teilnehmerkreis zu erweitern. Die „Retrospektive“ bietet auf diese Weise einen methodischen Rahmen um sich außerhalb der täglichen Routine fair und konstruktiv über vergangene Ereignisse und Verhaltensweisen auszutauschen.
Wie funktionieren „Retrospektiven“?
In den meisten Fällen finden „Retrospektiven“ regelmäßig alle 2-4 Wochen statt. Oft ist es auch sinnvoll zusätzliche Treffen in größeren Zeitabständen durchzuführen, beispielsweise alle 3-6 Monate. Die Häufigkeit sollte sowohl an das Projekt als auch an die Bedürfnisse der Teammitglieder angepasst werden. Die „Retrospektive“ sollte hierbei von einer neutralen Person moderiert werden, die ein Auge auf die Einhaltung der “Retrospective Prime Directive” hat, die im Wesentlichen einen sicheren Raum für Feedbackäußerungen schafft und gleichzeitig Schuldzuweisungen unter den Teilnehmern verhindern soll. Ihr Ablauf unterteilt sich in folgende 5 Phasen:
Phase 1: „Set the Stage“
Die Teilnehmer werden auf das Meeting eingestimmt und die Rahmenbedingungen erläutert. Wichtig ist hierbei eine angstfreie, energiegeladene Atmosphäre zu erzeugen, in der jeder dazu ermutigt wird, offen und ehrlich mit sich und den anderen umzugehen.
Phase 2: „Gather data“
Als nächstes werden Informationen gesammelt, indem man die Teilnehmer beispielsweise danach fragt, wie sie die Zusammenarbeit des Teams empfunden haben. Am Ende der Phase werden die wichtigsten Punkte zur weiteren Bearbeitung fokussiert.
Phase 3: „Derive insights“
Anschließend werden aus den gesammelten Informationen Verbesserungsvorschläge abgeleitet. Hierbei geht es vor allem darum zu verstehen, warum Probleme aufgetaucht sind, was sich dahinter verbirgt und wie man diese konkret lösen kann.
Phase 4: „Determine actions“
In dieser Phase wird beschlossen, welche Ansätze praktisch umgesetzt werden sollen. Die Akzeptanz der Lösungsansätze seitens des Teams ist hierbei besonders wichtig. Dabei sollte allen bewusst gemacht werden, dass diese vorläufig sind und erst ausprobiert werden müssen.
Phase 5: „Close“
Als letztes wird quasi eine „Retrospektive“ auf die „Retrospektive“ geworfen. Um auch diese selbst einem stetigen Verbesserungsprozess zu unterziehen, werden der Ablauf und das Ergebnis des Treffens durch die Teilnehmer bewertet.
Verbessern Sie mit „Retrospektiven“ Ihre Projekte
Oft werden „Retrospektiven“ auch in nicht agilen Unternehmen nach Abschluss eines Projektes in Form von zeitlich aufwendigen Meetings durchgeführt. Im Gegensatz dazu sind „Retrospektiven“ in agilen Umgebungen kurze Teamtreffen während eines laufenden Projekts. So kann alles, was während der Treffen erarbeitet wird, unmittelbar in das aktive Projekt einfließen. Auf diese Weise erzielen Sie eine kontinuierliche Verbesserung der Zusammenarbeit im laufenden Prozess. Durch die Schaffung eines geschützten Raums, wo Themen offen angesprochen werden können, wird das Aufstauen von Frust vermieden und der Teamgeist gestärkt. Ein faires und konstruktives Feedback in der „Retrospektive“ beeinflusst so den Projektverlauf positiv.
Darüber hinaus können Sie auf diese Weise eine offene Feedbackkultur (Link zu Kultur) in Ihrem Unternehmen etablieren. Auch wenn Sie derzeit noch die klassischen Methoden des Projektmanagements vorziehen, lässt sich diese Methode problemlos integrieren. Setzten Sie beispielsweise feste Termine für Teamtreffen alle 14 Tage an, bei denen Sie die Teilnehmer zur momentanen Situation und dem bisherigen Verlauf der Zusammenarbeit befragen. „Retrospektiven“ können auf diese Weise einen ersten Schritt in Richtung Agilität darstellen.
Fazit
„Retrospektiven“ sind einfach durchzuführen und nehmen weniger Zeit in Anspruch als herkömmliche Meetings. Um dauerhaft erfolgreiche „Retrospektiven“ durchführen zu können, muss in erster Linie eine gesunde Unternehmenskultur etabliert werden, in der eine Begegnung auf Augenhöhe und konstruktive Kritik selbstverständlich sind.
(Redaktionelle Umsetzung: Corinna Brucker)