Wie Sie mit „Barcamps“ die interdisziplinäre Zusammenarbeit auf das nächste Level bringen und nachhaltig Teamsilos abbauen können.
Der vierte Teil unserer Serie widmet sich einer agilen Methode, mit der unter anderem das Unternehmen Sipgate für Gesprächsstoff sorgte. Der „Open Friday“, ein Mix aus „Open Space“-Techniken und den Prinzipien von „Barcamps“, konnte sich dort bereits als regelmäßig stattfindende Institution etablieren und ist mittlerweile zum Herzstück der teamübergreifenden Zusammenarbeit des Unternehmens geworden.
Lesen Sie, wie „Barcamps“ im Einzelnen funktionieren und wie Sie durch diese Methode die interdisziplinäre Teamarbeit in ihrem Unternehmen auf das nächste Level bringen können.
Was sind „Barcamps“?
„Barcamps“ bezeichnen ein partizipatives Veranstaltungsformat, in deren Fokus die interdisziplinäre Wissensvermittlung steht. Sie dienen dem fachlichen und methodischen Austausch zu einem bestimmten Themenkomplex. Der Inhalt und der Ablauf werden gemeinsam von den Teilnehmern ausgestaltet und im Laufe der Veranstaltung an deren Interessen angepasst. Die Inhalte sogenannter Ad-hoc-Konferenzen sind in der Regel sehr praxisorientiert und geben konkrete Impulse für den Arbeitsalltag. Teilweise werden auch gemeinsam neue Ideen und Projekte angestoßen und/oder gemeinsam konkrete Lösungswege entwickelt.
Der Name „Barcamp“ geht in seinem Ursprung auf die „footcamps“ von Tim O’Reilly zurück. Diese Veranstaltungen speziell für Softwareentwickler stellten das erste Veranstaltungsformat dar, dessen Ablauf und Inhalt von den Teilnehmern selbst entwickelt wurde. Zur weiteren Verbreitung dieses Konzeptes entwarfen ehemalige Teilnehmer die „Barcamps“ nach dem Vorbild dieser Veranstaltungen. „Barcamps“ basieren auf „Open Space“-Techniken, die eine spontane Organisation des Inhalts und des Ablaufs von Veranstaltungen ermöglichen.
Die Teilnehmer verpflichten sich zur Einhaltung gewisser Grundprinzipien, um den Erfolg der Veranstaltung zu garantieren:
- Es gibt keine Zuschauer, nur Teilnehmer
- Jeder Teilnehmer ist berechtigt Sessions vorzuschlagen und über die Agenda abzustimmen
- Austausch auf Augenhöhe: Es gibt keine Hierarchien
- Mitmachen: Jeder Teilnehmer ist für den Erfolg des Barcamps mitverantwortlich
- Wissensaustausch: Alle teilen ihr Wissen und ihre Erfahrungen miteinander
Wie funktionieren „Barcamps“?
Zu Beginn eines „Barcamps“ erfolgt eine kurze Vorstellungsrunde der Teilnehmer. Im Anschluss werden die Sessions, die aus Vorträgen, Diskussionsrunden oder Workshops bestehen, von den Teilnehmern selbst angeboten. Dazu wird das Thema auf ein „Post-It“ geschrieben, kurz vorgestellt und auf einen leeren Raum/Zeit-Slot auf dem Programm-Board geklebt. Basierend auf diesem Session-Angebot entscheiden die Teilnehmer durch Abstimmung über die finale Agenda.
Ist die Planung abgeschlossen folgt der eigentliche Kern der „Barcamps“ – die Sessions:
Zum angegebenen Zeitpunkt versammeln sich alle Interessierten im entsprechenden Raum. In der Regel dauert eine Session zwischen 30 und 45 Minuten. Es finden je nach Verfügbarkeit von Räumlichkeiten mehrere Sessions gleichzeitig statt. Wer die Session vorgeschlagen hat, muss eine Zusammenfassung der Ergebnisse veröffentlichen. Für die Themen und Inhalte der Sessions ist nach den Prinzipien der „Barcamps“ keine Einschränkung vorgesehen. Das Unternehmen Sipgate hat in diesem Fall mit „Tun, was man für die Firma am wertvollsten hält“ einen thematischen Rahmen vorgegeben, der einem Abtriften in triviale Alltagsfragen vorbeugen soll und immer einen – wenn auch erst auf den zweiten Blick – Firmenbezug herstellen soll. Den Abschluss bilden eine kurze Zusammenfassung und der weitere Austausch der Teilnehmer in lockerer Atmosphäre.
Nachhaltige Potenzialentfaltung durch „Barcamps“
In der heutigen Unternehmenswelt heißt es in immer kürzeren Zyklen auf veränderte Bedingungen zu reagieren. Um bei diesem Tempo mithalten zu können, muss ein Unternehmen und seine Mitarbeiter eine hohe Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft mitbringen.
Wie kann man diese Voraussetzungen am besten erreichen?
Indem alle ihr Wissen teilen, gemeinsam Probleme gelöst werden und neue Technologie unmittelbar eingesetzt werden können. „Barcamps“ bieten ein ideales Format, einen permanenten Wissenstransfer und einen interdisziplinären Austausch in den Unternehmensalltag zu integrieren. Sie sind ein effektives Instrument zur Entfaltung der Mitarbeiterpotenziale und dem Entdecken der eigenen Talente. Die Veranstaltungen stellen vor allem auch einen Freiraum sich auf andere Bereiche zu fokussieren und so aus den herkömmlichen Denkstrukturen auszubrechen. Der Austausch auf Augenhöhe und die intrinsisch motivierte Themenwahl als zentrale Grundlagen der „Barcamps“ fördern die Etablierung einer gesunden Unternehmenskultur. Zudem bietet das Moderieren von Sessions die Gelegenheit, Führungskompetenzen einzuüben.
Fazit
„Barcamps“ halten wir für ein effektives Instrument, um Wissen zu teilen, Freiräume für Ideen zu schaffen und sich mit neuen Technologien zu beschäftigen. Man sollte natürlich darauf achten, solche Veranstaltungen an die Strategie, Größe und Kultur des Unternehmens anzupassen. Die Teilnahme von Mitarbeitern aus allen Abteilungen ist für das Gelingen von besonderer Bedeutung.
Unser Tipp: Fangen Sie klein an, beispielsweise mit einer Mischung aus herkömmlicher Infoveranstaltung und dem „Barcamp“-Format. Lassen Sie das Ganze insbesondere zu Beginn von jemandem moderieren, der Erfahrung mit dieser Methode hat und vom Erfolg des Vorgehens überzeugt ist. Je nach Unternehmenskultur dauert es, bis sich Mitarbeiter an das neue Format gewöhnen. Geben Sie also nicht zu schnell auf, sollten sich nicht gleich zu Beginn genug Themen und Personen für ausreichend „Sessions“ finden.
Beobachten Sie, wie Ihre Mitarbeiter und Kollegen auf das Angebot reagieren und holen Sie sich Feedback ein. „Barcamps“ sind freiwillig und basieren auf dem Prinzip des Wollens. Wenn keiner will, weil deren Sinnhaftigkeit und Nutzen nicht klar ist, wird der gewünschte Effekt ausbleiben.
Redaktionelle Umsetzung: Corinna Brucker