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Energieversorger brauchen eine Vision

Worum geht es? 
Die Energiebranche steckt mitten im Umbruch. Nicht zuletzt kulturell: Sie muss sich internationaler aufstellen, neue Geschäftskonzepte entwickeln und sich neues Ansehen erarbeiten, allein um die für die anstehenden Aufgaben dringend benötigten Fachkräfte zu gewinnen. Statik raus, Dynamik rein – so lautet das Motto. Die traditionellen Maximen wie Konstanz, Sicherheit oder Bedachtsamkeit müssen durch spürbar höheres Tempo und Beweglichkeit ergänzt werden. Das bedeutet signifikante Veränderungen – auch für HR.

Doch der Wandel auf allen Ebenen scheint die Unternehmen und ihre Personalmanager zu beherrschen, statt umgekehrt. Übereilt werden Stellen abgebaut und es wird in unausgegorene Strategien investiert. „Früher agierten Energieversorger träge am Markt und mussten nicht durch Innovationen glänzen“, sagt Ingo Kallenbach, Geschäftsführer des im rheinland-pfälzischen Rohrbach ansässigen Beratungsunternehmens Reflect, das auf digitale und agile Transformation spezialisiert ist. Nun benötigten sie nicht nur eine Zukunftsvision, „die attraktiv genug ist, um Menschen anzuziehen und sie zu außergewöhnlichen Leistungen zu inspirieren“. Wichtig sei auch eine Strategie, „bei der Digitalisierung eine wichtige Rolle spielt“, so Kallenbach.

Kallenbach_Personalwirtschaft

Woran hakt es?

Babyboomer blockieren digitalen Wandel. Denn zum branchenspezifischen kommt ja der allgemeine Veränderungsdruck. Was Kallenbach beschreibt, funktioniert kaum ohne eine „innovationsfreundliche, offene und kundenzentrierte Kultur“, betont er. Tatsächlich täten sich Unternehmen schwer mit schnellem Wissenstransfer, zudem herrsche oft ein ausgeprägtes Silodenken vor, sagt der Berater mit Blick nicht nur, aber speziell auf die Energiewirtschaft.

Kallenbach: „Neben der digitalen Transformation ist auch eine Transformation von Führung nötig.“ Führungskräfte müssten die Digitalisierung vorleben, doch das sei selbst in vielen innovativen Unternehmen kaum möglich. Grund: An den Schaltstellen der Macht sitzen Babyboomer und die Gen X. Weil sie nicht hinreichend digital sozialisiert worden sind, können sie laut Kallenbach die Transformation nur partiell vorantreiben.

Worauf kommt es an?

HR muss den Dialog ankurbeln. Was für den Energiemarkt gilt, lässt sich über alle aufs Bewahren ausgerichteten Branchen sagen: Damit sich das unbedingt benötigte „Digital Mindset“ entwickeln kann, müssen Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen und Rahmenbedingungen schaffen, „in denen tatsächlich alles, was digitalisiert werden kann, auch digitalisiert wird“, so Kallenbach. Parallel müsse es auf der strukturellen Organisationsebene Veränderungen geben. Hierzu empfiehlt der Berater „multiple Betriebssysteme“, die sich je nach Anforderung als optimale Organisationsform anböten. „Diese kann klassisch hierarchisch, zellförmig oder holokratisch sein.“

Entscheidend bei all dem ist laut Kallenbach die Prozessexzellenz. Eine oft „aktionsgetriebene Agilisierung“ führe nicht zu den erhofften Effekten, zumal agile, crossfunktionale Teams auf der operativen Ebene nicht zur gewünschten Beschleunigung beitrügen. Ursachen seien intransparente Abhängigkeiten zwischen den Teams und – vor allem – nicht entsprechend agil arbeitende Führungsebenen.

Um der Transformation auf die Sprünge zu helfen, legt Kallenbach Personalverantwortlichen ans Herz, unbedingt Entscheidungsträger zu vernetzen, die ein starkes Commitment an den Tag legen. Zudem solle HR den Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeitern moderieren. Primäres Ziel von transformativer Personalentwicklung sei es, dafür zu sorgen, dass sich digitales Bewusstsein entwickle und durch entsprechend angeleitetes Verhalten die notwendigen Veränderungen herbeigeführt würden.

Man muss wohl annehmen: In den meisten Energieunternehmen ist der Weg dorthin weit.

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