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Eine gemeinschaftliche Kultur mit „Givern“ und „Takern“

Eine gemeinschaftliche Kultur ist wesentlicher Bestandteil der Gesunden Organisation, s. auch Abbildung. Eine gemeinschaftliche Kultur definiert sich durch gemeinsam gültige Prinzipien und einen gemeinsamen Wertekodex. Eine solche Kultur aufzubauen, die leistungsfähig und positiv geprägt ist, ist für viele Organisationen heute erstrebenswert, um in engen Märkten erfolgreich agieren zu können. In diesem Beitrag gehen wir darauf ein, welche Bedeutung und welchen Einfluss „Givers“ und „Takers“ haben und mit welchen Stolperfallen Sie rechnen müssen, wenn Sie eine leistungsfähige, gemeinschaftliche Kultur mit Menschen beider Ausprägungen aufbauen wollen.

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Abbildung: Wabenmodell der Gesunden Organisation

Was sind „Givers“ und „Takers“?

„Givers“ zeichnen sich, wie der Begriff schon sagt, dadurch aus, dass sie anderen etwas „geben“. Sie helfen anderen, indem sie ihr Wissen teilen und ihre Fähigkeiten zur Verfügung stellen. Dabei verlangen sie im Gegenzug nicht mal etwas vom Anderen. Im Gegensatz zu den „Givers“ stehen die „Takers“, die darauf bedacht sind, andere zu ihren Zwecken handeln zu lassen und dabei selbst Zeit und Ressourcen zu sparen.

Organisationen haben ein starkes Interesse daran, Verhalten zu fördern, welches eher dem der „Giver“ entspricht, denn dieses bildet den Kern von effektiver ZusammenarbeitInnovationQualitätsverbesserung und ausgezeichnetem Service. Diesen Zusammenhang belegt eine Studie von Nathan Podsakoff (University of Arizona), in der die Korrelation zwischen „Giver“-Verhalten und die Erfüllung erwünschter Unternehmensziele sich als sehr robust erwies. Darunter zählten beispielsweise erhöhte Produktivität und Kundenzufriedenheit. Die Ergebnisse resultieren daraus, dass Mitarbeiter, die wie „Giver“ agieren, konstruktiv und effizient zusammenarbeiten, um Probleme zu lösen.

Sind „Givers“ die „besseren“ Mitarbeiter in einer  Gesunden Organisation?

In der Studie zeigte sich jedoch ebenfalls, dass „Giver“ sowohl die am wenigsten produktivsten Mitarbeiter als auch die produktivsten Mitarbeiter sein können. Das stellt Führungskräfte vor keine unbedeutende Herausforderung: Einerseits die generelle Hilfsbereitschaft und Zusammenarbeit zu stärken, andererseits aber nicht die Produktivität und Fairness aus den Augen zu verlieren. Denn: Wer ein „Giver“ ist, mag vielleicht zu viel seiner Aufmerksamkeit an andere verschenken und seine Aufgaben darüber hinaus vergessen. Andere hingegen werden von diesen Personen stark profitieren, aber häufig keine Gegenleistungen erbringen, was in der Folge zur Gefährdung der Fairness innerhalb des Miteinanders führen kann.

„There are two great forces of human nature – self-interest, and caring for others.“ (Bill Gates, World Economic Forum, 2008).

Das Zitat von Bill Gates verdeutlicht, dass das Bedürfnis nach Erfüllung der Eigeninteressen mit dem Bedürfnis, anderen zu helfen, einhergeht. Führungskräfte können mit einem durchdachten Vorgehen eine gemeinschaftliche Kultur kreieren, die durch Reziprozität gekennzeichnet ist und eine erfolgreiche Zusammenarbeit ermöglicht.

Welche Stolperfallen gibt es und wie kann man diese beim Aufbau einer leistungsfähigen, gemeinschaftlichen Kultur vermeiden?

„Giver“ müssen Großzügigkeit und die Bereitschaft zu helfen, vor allem von drei anderen Dimensionen unterscheiden: Ängstlichkeit bzw. SchüchternheitVerfügbarkeit und Empathie.

Erst wenn diese Differenzierung vorgenommen wird, kann das „Giver“-Verhalten sich in vollem Umfang als positiv herausstellen.

Ängstlichkeit bzw. Schüchternheit – Auf den ersten Blick mag Ängstlichkeit nicht wirklich etwas mit Großzügigkeit zu tun haben, allerdings kann es häufig einen „Giver“ belasten. Manchmal ist es für diesen Typus von Mensch eher schwierig, die Interessen anderer zu vertreten und die eigenen dabei gleichzeitig nicht außer Acht zu lassen. Führungskräfte können dafür sorgen, dass Mitarbeiter zwischen beiden Interessen unterscheiden und es so schaffen, diese sinnvoll miteinander zu vereinen.

Um zu vermeiden, dass „Giver“ ihre Interessen hintenanstellen, hat sich die Technik des „relational account“ als hilfreich erwiesen: Wenn man „Giver“ darum bittet, sich in eine Situation zu versetzen, in der sie als eine Art Agent eine Person mit ihren Interessen vertreten, dann stellt es keinen Widerspruch zu ihrem Selbstbild als „Giver“ dar. Es hilft also beispielsweise bei der Diskussion über das Gehalt, nicht an sich zu denken, sondern an ihre Kinder, den Partner oder die Eltern und was man ihnen durch die größere Menge an Geld vielleicht bieten könnte. Diese Rechtfertigung oder Erklärung – „relational account“ – ermöglicht, um etwas zu bitten, ohne als „Taker“ zu erscheinen.

Die Chance, die sich dadurch bietet, ist eindeutig: Die Schwäche, immer anderen zuerst etwas zu geben und sich selbst dabei zu vernachlässigen, kann in eine Stärke verwandelt werden. Indem Führungskräfte den Mitarbeitern solche „relational accounts“ nahelegen, können sie ihnen helfen, ihre eigene Ängstlichkeit bzw. Schüchternheit beiseite zu legen.

Verfügbarkeit – Auch bei noch so vielen Anfragen nach Hilfe wird der typische „Giver“ dazu tendieren, allen nachzukommen. Aufgrund mangelnder Zeit kann es dazu führen, dass die eigenen Aufgaben vernachlässigt werden, da man schließlich nicht allem gerecht werden kann. Im schlimmsten Fall kann dies zu einem „Burn-Out“ führen.

Natürlich kann die Lösung dieses Problems nicht darin liegen, jegliche Anfragen abzulehnen, sondern gewisse Grenzen zu setzen. Diese können sich auf unterschiedliche Dimensionen beziehen. Eine Möglichkeit ist die zeitliche Begrenzung, also eine Vorgabe, WANN ich verfügbar bin, um anderen zu helfen. Des Weiteren kann man einschränken, WIE man hilft. Man kann sich zum Beispiel ein Netzwerk aufbauen und die Hilfe auf verschiedene Personen verteilen, sodass die Last nicht auf einem alleine liegt. Dafür muss allerdings der Aspekt der Ängstlichkeit überwunden werden, da man andere um Hilfe bitten muss. Man spezialisiert sich dabei auf einen bestimmten Bereich, der den eigenen Fähigkeiten oder Wissen entspricht. Darüber hinaus kann es hilfreich sein, einzuschränken, WEM man hilft. „Giver“ werden die Hilfe zwar eher selten verweigern, aber bei „Takern“ beispielsweise nur unter klaren Bedingungen leisten. In diesem Kontext werden „Giver“ zu sogenannten „Matchern“. Sie verlangen von den „Takern“ etwas im Gegenzug.

Empathie – Denkt man, Empathie zu besitzen, sei eine gute Eigenschaft, so stellt sich erstaunlicherweise heraus, dass es für „Giver“ durchaus negative Folgen haben kann. Denn wer sehr emphatisch ist, lässt sich leicht von anderen beeinflussen und kann manipuliert werden, insbesondere von wenig freundlichen „Takern“. Wie schon zahlreiche Studien belegt haben, stellen Personen, die Empathie für jemanden verspüren, tatsächlich die Bedürfnisse dieser Person vor die eigenen. Wie kann das verhindert werden? Die Antwort darauf gab das Experiment von Adam Galinsky: Versuchsteilnehmer wurden zufällig – also unabhängig ihrer tatsächlichen Orientierung – als „empathizer“ oder „perspective taker“ eingeteilt. Sie sollten in einem Rollenspiel als Personalchef ein Gespräch mit Bewerbern führen. Die „empathizer“ sollten dabei besonders darüber nachdenken, was die Personen fühlen, die „perspective taker“, was diese denken oder welche Interessen sie haben. Es stellte sich heraus, dass die „empathizer“ keine guten Lösungen erzielten, da sie nicht ihre eigenen Interessen vertraten und sowohl hohe Gehälter, als auch Boni verteilten. Dagegen bewährten sich die „perspective taker“. Durch die Fokussierung auf ihre eigenen Interessen stellten sie fest, dass die Bewerber besonders an Boni und Aufwendungen für den Umzug interessiert waren, weniger jedoch am Gehalt. So konnten sie eine optimale Vereinbarung erzielen. Das bedeutet, dass Führungskräfte „Giver“ gezielt trainieren sollten, um die Position von „perspective takern“ einzunehmen.

Folgende Aspekte lassen sich für Sie beim Aufbau einer leistungsfähigen, gemeinschaftlichen Kultur ableiten:

1. Die Unterscheidung zwischen „Givern“ und „Takern“ ist absolut schwarz-weiß, angesichts der zahlreichen menschlichen Eigenschaften. Dennoch kann es hilfreich sein, sich mit diesem Konstrukt auseinanderzusetzen. Für eine Organisation, in der Wert auf Zusammenarbeit, Wissensteilung, Innovation und Qualität gelegt wird, ist tendenziell die Beschäftigung von „Givern“ eher wünschenswert.

2. „Giver“ sind nicht gleich „Giver“. Sie unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft von Ängstlichkeit bzw. Schüchternheit, Verfügbarkeit und Empathie zu trennen.

3. Die Überwindung von Ängstlichkeit, Verfügbarkeit und Empathie ermöglicht ein optimales „Giver“-Verhalten, das sich dadurch auszeichnet, dass die Personen auch ihre eigenen Interessen vertreten und geschickt argumentieren können, dass sie in der Lage sind einzugrenzen, wann, wie und für wen sie verfügbar sind und sich nicht allein von den Gefühlen anderer beeinflussen lassen.

4. Eigeninteresse und das Interesse, sich um andere zu kümmern, sind nicht leicht miteinander vereinbar. Sie verlangen nach achtsamer Führung, sodass das Interesse, sich um andere zu kümmern, zur besten Lösung für den Einzelnen und die Organisation wird. Das bedeutet, dass Zusammenarbeit das A und O ist und notwendig, um ehrgeizige Ziele erreichen zu können.

5. Geben UND Nehmen – beruhend auf Reziprozität – stellen den zentralen Prozess von stetiger Verbesserung dar.

Sie finden dieses Thema genauso spannend wie wir und wollen mehr darüber erfahren, wie Sie eine gemeinschaftliche Kultur aufbauen und mit den anderen Dimensionen der Gesunden Organisation verknüpfen können? Kontaktieren Sie uns gerne und erfahren Sie mehr darüber. Fundiere Ansätze liefert außerdem das Buch zur Gesunden Organisation, das Sie hier leicht zugänglich erhalten können.


Literatur

– In the Company of Givers and Takers (Adam Grant, April 2013)

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