Kontakt aufnehmen

Akzeptanz als Goldstandard in Change Prozessen – Wie Sie Ihre Mitarbeiter durch das Change House führen

Unter den häufig genannten Ursachen für Misserfolg von Change Prozessen sticht das kollektive Unverständnis der Verantwortlichen für die Funktionsbedingungen der Führenden zu den Geführten hervor.

 „Followers choose their leaders rather than leaders choose their followers“

Bereits im daily business ist diese Botschaft für effektives Führungshandeln wichtig – für die erfolgreiche Führung in Change Prozessen ist sie geradezu essenziell. Denn Mitarbeitende haben immer die Möglichkeit, Anderen als ihrem eigenen Vorgesetzten zu folgen, wenn sie sich nicht abgeholt fühlen.

Wie holen wir unsere Mitarbeitenden ins Boot? Das ist hier die Frage …

Angesichts der Dimension der Führungsaufgaben, die in Change Prozessen zu leisten sind, verwundert es wenig, dass Führungshandeln oft von Unsicherheit und Überforderung geprägt ist – Warum? Weil Führungskräfte den Change parallel zum laufenden Tagesgeschäft stemmen müssen. Der chronische Zeitmangel führt zum Nebeneffekt, dass sich Führungskräfte um die Akzeptanz, der von Veränderung Betroffenen, zu wenig kümmern. Die kaum überraschende Folge: Mitarbeitende tragen die Veränderung nicht mit. Selbst Mitarbeitende, die von der Notwendigkeit einer Veränderung überzeugt und bereit sind, diese mitzutragen, gehen zuweilen im Verlauf von Veränderungsprozessen verloren. Deshalb ist auch die Frage wichtig:

… und wie halten wir unsere Mitarbeitenden im Boot?

Unter den Werkzeugen des Change-Managements ist das Change House-Modell besonders hilfreich, weil es beide Fragen simultan in den Aufmerksamkeitsfokus des Führenden rückt. Die Erzeugung von Akzeptanz für die Veränderung dient explizit in allen vier Räumen des Modells als Ausgangspunkt für effektives Führungshandeln. 

Wie das Change House-Modell Führungsteams im Ringen um die Akzeptanz hilft

Die in Abbildung 1 dargestellten Zimmer bilden emotionale Stadien ab, in denen sich Menschen, während einer Veränderung typischerweise wieder finden. Die Emotionen wirken sich auf die Akzeptanz, also die Bereitschaft, die Veränderung zu billigen, anzunehmen oder gar aktiv mitzuwirken, unmittelbar aus.

Change House

Abbildung 1: Das Change House-Modell

Die Idee ist: Mitarbeitende durchlaufen die Zimmer nacheinander, beginnend vom oberen linken „Zimmer der Selbstzufriedenheit“ über die „Zimmer der Verweigerung“ und „Verwirrung“, um – gute Führung vorausgesetzt – das eigentlich angepeilte „Zimmer der Erneuerung“ zu erreichen. Die kleinen Anbauten wie der „Sonnenbalkon“, das „Verweigerungsverlies“, das „Paralyseloch“ und der „falsche Ausgang“, zeigen mögliche extreme Ausprägungen des Verhaltens von Menschen im Change Prozess.

Das Modell spart auch nicht mit drastischen Aussagen: Veränderungsprozesse können bei der Bewegung im Haus durchaus auch „sterben“. Das ist dann der Fall, wenn Führungskräfte ihre Mitarbeitenden völlig verlieren, bildlich gesprochen also in einem der unteren Räume zurücklassen. Aus der Praxis kennen wir das: „Die Ziele der Veränderung werden nicht erreicht …“ / „Die Matrixorganisation wird wieder abgeschafft …“ / „Zu viele Veränderungsprozesse auf einmal und kaum einer wird richtig abgeschlossen …“

Wie Sie das Werkzeug für sich gewinnbringend nutzen

Das Change House setzt an der verständlichen, aber nicht immer realitätstauglichen Neigung von Führungskräften an, Veränderungen möglichst zügig über die Bühne zu bringen. Durch die Arbeit mit dem Tool verbessern Sie Ihr Gespür für die Umwege und Hürden, die Führungsteams mit ihren Mitarbeitenden auf dem Weg in die angestrebte „Erneuerung“ typischerweise nehmen (müssen). Das gemeinsame Verständnis hilft, Akzeptanzverlusten in diversen Situationen des Change Prozesses vorzubeugen und Strategien zum Akzeptanzerhalt bzw. zu deren Wiedergewinnung zu entwickeln.

Wie Sie Mitarbeitende aus der Selbstzufriedenheit herausführen

Justieren Sie zuerst Ihre eigene Erwartungshaltung! Mitarbeitende im Zimmer der Selbstzufriedenheit sind überfordert, wenn Sie von ihnen erwarten, die Notwendigkeit der Veränderung so klar zu erkennen und zu akzeptieren wie Sie selbst. Es ist allerdings möglich, die Mitarbeitenden zumindest dahin zu führen, dass sie anfangen, über Sinn und Zweck der Veränderung nachzudenken. Instrumente, wie eine gut formulierte Vision von der Situation nach der Veränderung, oder gut kommunizierte Ziele helfen, dass Ihre Mitarbeitenden die Notwendigkeit des angestrebten Zustands schneller realisieren. Auch Zukunftsszenarien können Mitarbeitende aus der Selbstzufriedenheit herauszureißen.

Wichtig: Der akzeptanzsteigernde Effekt ist dann am größten, wenn Sie Ihr Team in die Entwicklung von Vision, Zielen und Szenarien aktiv einbinden.

Wie Sie Mitarbeitende aus der Verweigerung führen

Eine realistische Erwartungshaltung zu entwickeln ist hier besonders wichtig: Sie können von den Menschen höchstens erwarten, dass sie nachdenken und akzeptieren, dass einiges an Veränderung unumgänglich ist. Sie überfordern jedoch Ihre Mitarbeitenden, wenn Sie von ihnen verlangen, dass sie jetzt schon genau wissen, was zu tun ist, und dass sie ihre Rolle während und nach dem Change jetzt schon genau kennen.

Mit dem frühen Einbinden von Mitarbeitenden in die Entwicklung von Vision und Zielen des Changes betreiben Sie „mentale Vorsorge“ und reduzieren Reaktanz gegen die Veränderung bereits im Frühstadium des Changes. Man kennt ja das Phänomen, wenn externe Berater das Unternehmen mit Analysen und Veränderungsphantasien bombardieren: Der Reaktanzpegel schießt hoch! Werden die Mitarbeitenden dagegen selbst nach ihrer Einschätzung gefragt und fühlen sie sich mit ihrer Expertise geschätzt, dann sind sie eher bereit, neue Sichtweisen zu entwickeln.

Bei Mitarbeitenden, die eine verfestigte Verweigerungshaltung zeigen, ist das persönliche Gespräch zu suchen. Die Führungskraft kann die Beweggründe hinterfragen und Missverständnisse ausräumen. Sobald er Sorgen und Bedenken der Mitarbeitenden anhört, steigen die Chancen, dass sich Akzeptanzblockaden zu lösen beginnen.

Wie Sie Mitarbeiter aus der Verwirrung führen

Befinden sich Menschen in diesem Zimmer, dann haben sie bereits realisiert, dass die Veränderung nicht zu verhindern ist, also kein Weg mehr an dem Wandel vorbeiführt. Ihre Bereitschaft, sich auf die Veränderung einzulassen, beginnt zu wachsen. Aber sie sind möglicherweise verunsichert, weil ihnen Rahmenbedingungen oder neue Abläufe nebulös erscheinen. Oder sie machen sich Sorgen, weil alte Regeln und Verhaltensweisen nicht mehr gelten, während Lösungen für die neue Situation nicht noch deutlich erkennbar sind.

Je nachdem, wie Sie sich als Führungskraft in dieser Situation verhalten, wirken Sie konstruktiv akzeptanzfördernd oder aber kontraproduktiv Reaktanz verstärkend. Letzteres ist der Fall, wenn die Verantwortlichen des Changes sich selbst unschlüssig oder uninformiert zeigen, schlecht abgestimmt wirken oder widersprüchliche Aussagen machen. Die Führungskräfte selbst sind Ursache des Problems und verstärken den Grad der Verwirrung.

Als Führungskraft agieren Sie effektiv, indem Sie Ihre Mitarbeitenden in die (Mit-)Verantwortung bei der Erarbeitung von Wegen in die neue Organisation nehmen. Einem Mitarbeiterteam können Sie z.B. (Mit-) Verantwortung für die Qualität der Kommunikation während der Veränderung übertragen. Ein anderes Team kann Sie bei der Klärung der neuen Rollen in der Organisation unterstützen.

Wichtig ist, dass Sie erste Erfolge belohnen. Noch wichtiger: Bei Fehlern verzichten Sie auf Sanktionierung, weil sich einige Mitarbeiter sonst in ihrer Skepsis gegenüber dem Neuen bestätigt fühlen und in die Verweigerungshaltung zurückfallen.

Zwischenfazit

Ineffektive Führung erhöht das Risiko, dass sich der Prozess der Organisationsveränderung in einem der Zimmer verfängt. Sie kennen das: Nach Einführung einer teuren, die Digitalisierung fördernden IT-Plattform arbeiten viele Mitarbeitende mit ihren selbstgebastelten Excel-Listen weiter …

Effektives Führungshandeln ebnet dagegen den Weg zum eigentlichen Ziel: Das Zimmer der Erneuerung.

Die Mitarbeiter im Zimmer der Erneuerung halten… Menschen in diesem Zimmer gewinnen ihre Selbstsicherheit zurück, mit der sie die neuen Wege beschreiten. Bei der Ausübung neuer Tätigkeiten und Verhaltensweisen erleben sie Aha-Effekte. Aus Schwierigkeiten und Rückschlägen haben sie Erkenntnisse gezogen, welche ihre Handlungsfähigkeit erweitert und ihnen Orientierung bietet. Die Akzeptanz für die Veränderung wird stabilisiert.

Allerdings: Auch in der Erneuerung braucht es gute Führung! Führungskräfte könnten hier auf die Idee kommen, dass Führung nicht mehr benötigt wird, etwa weil sie die Implementierung der neuen Organisation als abgeschlossen ansehen. Doch auch im Zimmer der Erneuerung benötigen einzelne Mitarbeiter, Teams oder ganze Unternehmensbereiche aktive Führung.

Zum einen gibt es immer Lücken, was die Qualität und die Effizienz der neuen Organisation betrifft. Zum anderen ist es Aufgabe von den Führungskräften, bei ihren Mitarbeitern Energie und Lust auf weitere Veränderung zu erzeugen. Denn es wird im Unternehmen immer wieder Anlässe und Bereiche geben, in denen eine weitere Organisationsverbesserung sinnvoll ist. Entscheidend ist, dass die Mitarbeitenden nach einem sicherlich energieverzehrenden Change nicht in das Zimmer der Selbstzufriedenheit („Jetzt erst mal keine weitere Veränderung!“) zurückfallen. 

Wer Akzeptanz für Veränderung erzielen, erhalten, gewinnen will …

muss sich mit seinen Mitarbeitenden intensiv beschäftigen. Eigentlich eine Binsenweisheit; die aber im gestressten, aufgeregten Führungsalltag nur selten Gehör findet. Das Change House-Modell ist ein einfaches Werkzeug, das – so zeigen die Erfahrungen bei der Anwendung ­– Führungskräften und Mitarbeitenden sogar Spaß macht. Die einfache Konstruktion des Change Houses darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Werkzeug sein volles Potential nur in den Händen von Profis abliefert. Anders ausgedrückt: Der Anwender muss solide Basiskenntnisse in Führung, Kommunikation, Konflikthandhabung usw. mitbringen; sonst bleibt auch das beste Change Werkzeug wirkungslos.

Möchten Sie auch Veränderungen in Ihrer Organisation vornehmen und benötigen Unterstützung bei der Umsetzung des Change House-Modells? Wir bei REFLECT stehen Ihnen zur Seite, um einen genauen Blick auf Ihre Situation zu werfen, möglichen Handlungsbedarf an den richtigen Stellen zu erkennen und differenzierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse erarbeiten wir praktikable und umsetzbare Lösungsansätze. Wir unterstützen Sie auf diesem Weg!

Quellen

Doppler, Klaus; Lauterburg, Christoph (2019), Change Management – Den Unternehmenswandel gestalten, 14. Auflage, Frankfurt/M.

Eckrich, Klaus Kulturveränderung im Unternehmen. Die verborgene Führungsdisziplin; München 2017 (Insbes.: S. 370 – 380)

Janssen, Claes F.: The Four Rooms of Change (Förändringens fyra rum), Wahlström & Widstrand, 1996

Kallenbach, Ingo (2017): Führen in der Gesunden Organisation: Außergewöhnliche Leistung durch Potentialentfaltung, Stuttgart

Robrecht, Thomas: Über Veränderungen. In: Kreuser, Karl; Robrecht Thomas: Führung und Erfolg – Eigene Potenziale entfalten, Mitarbeiter erfolgreich machen. Wiesbaden, S. 96 – 111, 2010

Bildquellen

Ziegler, Maria (2019) https://unsplash.com/de/fotos/손에-열쇠-jJnZg7vBfMs  

Haben wir Ihr Interesse geweckt?

Unsere Neuesten Beiträge

Reflect Blog - Was ist eigentlich Selbstführung?
Führungskräftentwicklung

Was ist eigentlich Selbstführung?

Entwicklung von Selbstmanagement ist ein introspektiver Prozess Die Entwicklung von Selbstmanagement ist ein Prozess der Selbstreflexion. Es erfordert einen ehrlichen, tiefen Einblick in die eigene

Weiterlesen »
Nach oben scrollen