Mit zunehmender Internationalisierung der Unternehmen wachsen seit Jahren die Herausforderungen in der Führung globaler Teams. Führung findet dadurch zunehmend virtuell statt. Anmerkung am Rande: Virtuell ist eigentlich kein passender Begriff, da es ja künstlich, unecht bedeutet. Sinnvoller wäre es, von standortübergreifend zu sprechen. Wie dem auch sei – kommuniziert wird jedenfalls über Telefon- und Videokonferenzen oder auf schriftlichem Wege über E-Mail, diverse, meist firmeninterne Chatfunktionen und immer häufiger über Applikationen wie bspw. „WhatsApp“. Meist sitzen die verantwortlichen Führungskräfte am Hauptsitz des Unternehmens oder den jeweiligen regionalen „Hubs“ in Europa, USA oder Asien, sind dort verantwortlich für einige lokale Mitarbeitende, darüber hinaus aber eben auch global oder zumindest kontinental führend. Die damit verbundenen Schwierigkeiten (zeitlich, kulturell, technisch, interaktional) werden meist als gegeben hingenommen und oft genug unterschätzt.
Drei zentrale Herausforderungen in der Führung sog. GVTs ergeben sich daraus (vgl. Zander 2013):
- 1. Zielausrichtung: Aufgrund der kulturellen Unterschiede und innerhalb der virtuellen Umgebung sind Zielkonflikte schwerer erkennbar. Die notwendige gemeinsame Zielausrichtung fällt entsprechend schwer und sollte besonders fokussiert werden.
- 2. Wissenstransfer: Erfordert angesichts kultureller Unterschiede in Kommunikation und Vertrauen ein besonderes Augenmerk.
- 3. Motivation: Auch hier bedarf es aufgrund kultureller Unterschiede in Bezug auf Führungspräferenzen, unterschiedlicher Ausprägungen des „Commitment“ der Teammitglieder und den Verhaltensweisen und Bedürfnissen der jeweiligen Mitarbeitenden einer hohen Sensibilität in Wahrnehmung und Verhalten der Führungskraft.
Abbildung 1: Das globale, virtuelle Team
Um diesen Herausforderungen wirkungsvoll begegnen zu können, kann folgender dreiphasiger Handlungsrahmen hilfreich sein. Der Kürze halber geben wir hier nur die Führungsaufgaben der jeweiligen Phase wieder:
Willkommensphase:
– Gemeinsame Interpretation der Ziele
– Schaffen eines sozialen Kontextes und Aufbau von Vertrauen
– Klären der Aufgaben und der zu erwartenden Ergebnisse
Arbeitsphase:
– Definieren des vorhandenen Wissens und der Fähigkeiten
– Präzisieren des Kommunikations- und Entscheidungsrahmens
– Fördern entsprechender Prozesse und Interaktionen
Abschlussphase:
– Kritische Begutachtung der Prozesse und Ergebnisse
– Reflexion des experimentellen Lernens
– Hervorheben der Kompetenzentwicklung auf GVT-Ebene
Designierte Führungskräfte von GVTs sollten im Vorfeld mit spezifischen Lerndesigns unterstützt werden. In jedem Fall sollten sie über Erfahrung in der Führung realer Teams verfügen. Diese Erfahrungen könnten in der Vorphase einer Übernahme von GVTs verglichen werden mit den spezifischen Anforderungen, die sich aus der Führung von GVTs ergeben. In einem Präsenzworkshop sollte anschließend die Möglichkeit bestehen, diese zu reflektieren und in individuell anpassbaren Formaten die spezifischen Besonderheiten und Fähigkeiten vermittelt und trainiert werden. Dass hier auf kulturelle Hintergründe der zu führenden Mitarbeitenden eingegangen werden muss, versteht sich von selbst. Abgerundet werden könnte diese Führungskräfteentwicklung mit einem „Transition Coaching“ innerhalb der ersten 100 Tage in der neuen Führungsaufgabe. Der Coach sollte über entsprechende Erfahrungen im Umfeld von GVTs verfügen. Da Führungskräfte von GVTs immer auch Schlüsselpersonen des Unternehmens sein werden, sollte sich diese Investition lohnen.