Als Dekan des protestantischen Kirchenbezirks Landau-Pfalz ist Volker Janke mit einer Vielzahl von Aufgaben betraut. In seiner Funktion ist er nicht nur Dienstvorgesetzter für zahlreiche Pfarrerinnen und Pfarrer, sondern trägt auch Verantwortung für die Verwaltung von 33 Kirchengemeinden und 22 Kindertagesstätten. Seine Aufgaben umfassen sowohl die Personalführung als auch die strategische Ausrichtung des Kirchenbezirks in Zeiten des Wandels.
In diesem Interview sprechen wir mit Volker Janke über die Bedeutung der Energiewende für Kirchen und die Herausforderungen, denen sich Gemeinden gegenübersehen. Volker Janke erläutert, wie sein Dekanat einen umfassenden Transformationsprozess durchführt, um die Energieeffizienz kirchlicher Gebäude zu steigern und die Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren.
REFLECT: Herr Janke, Sie sind vor circa 2 Jahren an uns herangetreten, um das Dekanat bei einem größeren Transformationsprozess zu begleiten. Können Sie kurz schildern, worum es da geht?
Volker Janke: Im Kern geht es darum, unsere kirchlichen Gebäude fit für die Zukunft zu machen. Das bedeutet zum einen, dass wir die Kosten für den Unterhalt dieser Gebäude senken müssen. Das bedeutet zum einen, dass wir die Kosten für den Unterhalt dieser Gebäude um 30 % senken, also Gebäudefläche reduzieren müssen. Gleichzeitig wollen wir unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten und die Treibhausgasemissionen unserer Gebäude drastisch reduzieren. Konkret streben wir eine Reduzierung von 90% an. Das ist eine Vorgabe der Landeskirche, die wir auf der mittleren Ebene umsetzen müssen.
REFLECT: Wie haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Ankündigung des Transformationsprozesses reagiert? Gab es Überraschung, Zustimmung, Widerstand oder sogar Ablehnung?
Volker Janke: Anfangs gab es natürlich eine gewisse Skepsis. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich gefragt, was das für sie persönlich bedeutet. Einige fürchteten um ihre Arbeitsplätze, andere waren besorgt, dass ihre gewohnten Aufgabenbereiche sich stark verändern könnten. Um diese Bedenken zu zerstreuen, haben wir sehr frühzeitig und transparent kommuniziert. Wir haben Informationsveranstaltungen organisiert, in denen wir die Gründe für den Wandel erläutert und die Auswirkungen auf die einzelnen Bereiche dargestellt haben. Zudem haben wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv in den Prozess eingebunden, indem wir Arbeitsgruppen gebildet haben, in denen sie ihre Ideen und Anregungen einbringen konnten.
REFLECT: Können Sie uns etwas genauer erläutern, wie Sie das Projektteam zusammengestellt haben? Welche besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse haben die einzelnen Mitglieder eingebracht?
Volker Janke: Gerne. Bei der Zusammenstellung des Teams haben wir darauf geachtet, eine möglichst breite Palette an Kompetenzen abzudecken. Zum einen haben wir natürlich Mitglieder aus dem Bezirkskirchenrat eingebunden, also ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die tief in die Belange der Kirchengemeinden eingebunden sind. Sie bringen ein wertvolles Verständnis für die Bedürfnisse der Gemeinden und die Herausforderungen vor Ort mit.
Neben den Ehrenamtlichen haben wir auch hauptamtliche Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen in das Team geholt. Dazu zählt beispielsweise unser Verwaltungsleiter, der über umfassende Kenntnisse im Bereich Gebäudemanagement verfügt, sowie ein Architekt, der uns bei der Planung und Umsetzung der Baumaßnahmen unterstützt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt war für uns die Einbindung externer Expertise. Wir haben die Firma REFLECT hinzugezogen, da ihre umfangreiche Erfahrung in der Moderation von Veränderungsprozessen genau die Expertise ist, die wir für unser anspruchsvolles Projekt benötigen. REFLECT unterstützt uns dabei, den Transformationsprozess effektiv zu gestalten und Konflikte zu lösen.
REFLECT: Lassen Sie uns auf das konkrete Projekt dieses Transformationsprozesses schauen. Das sind ja ziemlich ehrgeizige Ziele. Was waren denn Ihre Erwartungen an uns, an REFLECT, an eine externe Moderation? Was waren die Gründe und Versprechen, die Sie dazu gebracht haben, sich an uns als Dienstleister zu wenden?
Volker Janke: Wir hatten von Anfang an das Gefühl, dass wir Hilfe brauchen. Wir brauchten jemanden, der diesen Prozess für uns moderiert, weil wir in vergangenen Prozessen bemerkt haben, dass wir selbst als Teil dieses Kirchenbezirks immer auch irgendwie involviert waren. Und so waren wir gewissermaßen selbstbeteiligt am Prozess, und das wird schwierig bei einem solchen Bauprozess, wenn drei Kirchenleiter in einem Bezirkskirchenrat sitzen. Sie alle tragen eine gewisse Verantwortung für diese Gebäude, und daher muss der Prozess so moderiert werden, dass jeder das Gefühl hat, dass niemand bevorzugt oder benachteiligt wird.
REFLECT: Herr Janke, können Sie uns die wichtigsten Meilensteine dieses Transformationsprozesses näher erläutern? Was sind die größten Herausforderungen gewesen, und welche konkreten Veränderungen konnten Sie bereits erzielen?
Volker Janke: Ein wesentlicher Meilenstein war die Einteilung der Kirchengemeinden in Arbeitsgruppen. Das hat uns geholfen, die Komplexität des Projekts zu reduzieren und die Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. Eine weitere Herausforderung bestand darin, einheitliche Kriterien für die Bewertung der Gebäude zu entwickeln. Hier mussten wir sicherstellen, dass die Entscheidungen objektiv und nachvollziehbar sind.
REFLECT: Wie haben Sie die Gemeinden in diesen Prozess eingebunden?
Volker Janke: Die Beteiligung der Gemeinden war uns sehr wichtig. Wir haben frühzeitig Arbeitsgruppen gebildet, in denen sich Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinden zusammensetzen konnten. Dadurch konnten wir sicherstellen, dass die Entscheidungen vor Ort mitgetragen werden. Ein weiterer wichtiger Schritt war die Entwicklung einer gemeinsamen Vision für die Zukunft. In einigen Regionen konnten wir so eine klare Richtung vorgeben und die Akzeptanz für die notwendigen Veränderungen erhöhen.
REFLECT: Welche konkreten Veränderungen haben sich bereits ergeben?
Volker Janke: In einigen Regionen konnten wir bereits konkrete Pläne für die Nutzung oder den Verkauf von Gebäuden entwickeln. Ein Beispiel ist die Stadt Landau, wo wir eine Vision für die zukünftige Nutzung der Kirchengebäude entwickelt haben. Wir konzentrieren uns auf wenige zentrale Standorte und schaffen so zukunftsfähige Strukturen.
REFLECT: Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft?
Volker Janke: Eine große Herausforderung besteht darin, die emotionalen Aspekte der Veränderungen zu berücksichtigen. Viele Menschen haben eine tiefe Verbundenheit zu ihren Kirchengebäuden. Es ist wichtig, offen und transparent zu kommunizieren und die Menschen mitzunehmen. Zudem müssen wir die finanziellen Aspekte mit den spirituellen Bedürfnissen der Gemeinden in Einklang bringen.
REFLECT: Sie haben bereits viele spannende Einblicke in den Transformationsprozess gegeben. Wenn Sie in die Zukunft schauen, welche Entwicklungen erwarten Sie für Ihre Kirchengemeinde und welche Anregungen haben Sie für andere Gemeinden, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen?
Volker Janke: Das ist eine sehr gute Frage. Ich sehe die Zukunft unserer Kirche als eine Zeit großer Veränderungen, aber auch als eine Zeit voller Chancen. Die aktuellen Transformationsprozesse zwingen uns, über unsere traditionellen Strukturen und Arbeitsweisen hinaus zu denken.
Ein wichtiger Schritt wird sein, die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren in der Region zu intensivieren. Ob es sich um soziale Einrichtungen, Schulen oder lokale Unternehmen handelt – gemeinsam können wir viel mehr erreichen. Ich denke dabei an Kooperationen bei der Nutzung von Gebäuden, an gemeinsamen Projekten und an einer stärkeren Vernetzung im sozialen Bereich.
Ein weiterer Schwerpunkt wird auf der digitalen Transformation liegen. Wir müssen unsere Angebote auch online verfügbar machen und neue Wege der Kommunikation finden, um jüngere Generationen zu erreichen. Gleichzeitig dürfen wir aber nicht vergessen, dass persönliche Begegnungen und Gemeinschaft weiterhin von großer Bedeutung sind.
Ich bin überzeugt, dass die Kirche auch in Zukunft eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft spielen wird. Indem wir uns den Herausforderungen stellen und neue Wege gehen, können wir unsere Gemeinden zukunftsfähig machen und den Menschen weiterhin Halt und Orientierung geben.
REFLECT: Herr Janke, vielen Dank für das Gespräch.
Transparenzhinweis: Das Gespräch mit Volker Janke wurde am 26. November 2024 von Ingo Kallenbach geführt. REFLECT begleitet seit ca. 2 Jahren den Transformationsprozess im protestantischen Dekanat Landau-Pfalz.
Zukunftsfähige Kirchengemeinden gestalten: Tipps und Anregungen
Auf der Grundlage unserer gemeinsamen Arbeit mit dem protestantischen Dekanat und Volker Janke innerhalb dieses Transformationsprozesses können wir anderen Gemeinden folgende Anregungen mitgeben:
- Eine klare Vision entwickeln: Es ist wichtig, eine gemeinsame Vision für die Zukunft zu entwickeln. Diese Vision sollte die Werte und Ziele der Gemeinde widerspiegeln und als Orientierung dienen.
- Die Gemeinden beteiligen: Die Menschen vor Ort sind der Schlüssel zum Erfolg. Beziehen Sie diese frühzeitig in den Entscheidungsprozess ein und hören Sie auf ihre Bedürfnisse und Ideen.
- Pfarrpersonen integrieren: Beziehen Sie die Pfarrerinnen und Pfarrer, die ja hauptberuflich tätig sind, in den Gesamtprozess mit ein.
- Flexibel bleiben: Die Welt verändert sich ständig. Seien Sie bereit, Ihre Pläne anzupassen und neue Wege zu gehen.
- Kooperationen suchen: Nutzen Sie Synergien, die sich durch Kooperationen mit anderen Organisationen (bspw. Unis, Wirtschaft, Architekturbüros) ergeben.
Bildquelle
https://evkirchelandau.evpfalz.de/index.php?id=5340
Das könnte Sie auch interessieren
Zielbildworkshop
Gestalten Sie Ihre Zukunft aktiv! Unser Workshop unterstützt Sie dabei, ein inspirierendes Zukunftsbild zu entwickeln, Erfolgsfaktoren zu identifizieren und konkrete Handlungsschritte zu planen. Ob Führungskräfte-Leitbild oder Projektvision – wir finden gemeinsam die richtige Richtung.
Reflect Whitepaper „Change Management“
Change Management ist mehr als nur eine Methode – es ist eine Reise. Dieses Whitepaper zeigt, wie Unternehmen durch das Schaffen einer gemeinsamen Vision und die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls ihre Mitarbeitenden für Veränderungen begeistern können. Es bietet praktische Werkzeuge und Einblicke in die Erfolgsfaktoren von Change-Initiativen.