Quiet Hiring kann nur in Kombination mit Digitalisierung und Automatisierung funktionieren
In Zeiten des Fachkräftemangels stehen Unternehmen vor der Herausforderung, qualifizierte Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten. Eine Methode, die in diesem Kontext neu an Bedeutung gewinnt, ist das zuletzt so betitelte „Quiet Hiring“. Dieser Ansatz beschreibt die Praxis, interne Talente zu identifizieren und zu fördern, anstatt auf dem externen Arbeitsmarkt nach neuen Mitarbeitenden zu suchen.
Anstatt den Headcount zu erhöhen, setzen Organisationen darauf, die Arbeitsbereiche geeigneter Talente zu erweitern oder zu verändern. Das kann entweder durch Kompetenzerweiterung oder internen Wechsel auf eine neue Position geschehen. “Quiet” ist dieses Vorgehen deshalb, weil keine eigene Stellenausschreibung stattfindet, sondern die Rolle intern, quasi “leise” besetzt wird. Das Schlagwort ergänzt damit die zuvor in den Medien stark rezipierten Konzepte des “Quiet Quitting” und des “Quiet Firing”. Doch ist „Quiet Hiring“ wirklich die Lösung im Kampf um Mitarbeitende?
Woher kommt der neue Trend des “Quiet Hirings”?
„Quiet Hiring“ ist kein neues Phänomen, sondern eine Kombination bewährter Methoden des Job Designs zur Arbeitsgestaltung, die als Job-Enlargement, Job-Enrichment und Job-Rotation bekannt sind (für einen interessanten Blickwinkel z.B. Ortega, 2001, für eine Übersicht z.B. Belias & Sklikas, 2013). Aufgrund des Fachkräftemangels hat dieser Ansatz jedoch neue Relevanz erlangt. Statt wie zuvor die Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation zu erhöhen und damit einhergehend die effizientere Verfolgung der Unternehmensziele anzustreben, geht es jetzt darum, kritische Kompetenzen überhaupt bedienen zu können. Natürlich bleiben zusätzliche positive Effekte wie ein besserer Wissenstransfer über Abteilungsgrenzen hinweg, besserer empirischer Abgleich zwischen Rolle und Mitarbeiter und die Weiterentwicklung des Personals erhalten.
Wann setzen Organisationen mittlerweile “Quiet Hiring” ein?
Stellen wir uns einmal folgendes Szenario vor:
Ein mittelständisches IT-Unternehmen in Deutschland hat Schwierigkeiten, qualifiziertes Fachpersonal zu finden. Anstatt auf dem überlasteten Arbeitsmarkt zu suchen, entscheidet sich das Unternehmen für „Quiet Hiring“. Durch gezielte Nutzung externer Weiterbildungsmöglichkeiten, Training-On-The-Job und interner Peer-Schulungen werden bestehende Mitarbeitende auf neue Rollen vorbereitet. Diese Strategie führt wahrscheinlich zu einer höheren Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit auf Grund der mit der Erweiterung des Kompetenzbereiches verbundenen größeren Autonomie und der vielfältigeren und damit interessanteren Arbeit. In der Folge steigt vermutlich die Produktivität und Qualität der Arbeitsergebnisse. Aber was geschieht mit den vorherigen Aufgaben der Mitarbeitenden?
Überlastung der Mitarbeiter durch “Quiet Hiring” sollte unbedingt vermieden werden
Damit “Quiet Hiring” anstelle von zusätzlichen Einstellungen nachhaltig Erfolg haben kann, sollte eine genaue Analyse der Rollenprofile erfolgen. Welcher Zuschnitt der Aufgaben ergibt Sinn? Welche Tätigkeiten können automatisiert werden? Nur durch technologische Unterstützung wird es gelingen, mehr Aufgaben durch die gleiche Anzahl Mitarbeitenden bewältigen zu können.
Um also einer Überlastung durch reines Ausweiten der Kompetenzen der Mitarbeitenden entgegenzuwirken, sollte „Quiet Hiring“ immer in Kombination mit den Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung eingesetzt werden. Digitale Tools und Plattformen können die bestehenden Arbeitsabläufe effizienter gestalten und sicherstellen, dass Mitarbeitende durch die erweiterten Aufgaben nicht überfordert werden. Zum Beispiel sind je nach Rolle zwischen etwa 20-60% der Aufgaben im öffentlichen Dienst einer Einschätzung von Bonomi Savignon et al. (2024) nach automatisierbar.
Außerdem muss, wie im Szenario oben beschrieben, jede Erweiterung der Kompetenzen auch mit einer Anforderungsanalyse und einem Abgleich mit den bestehenden Fähigkeiten der Mitarbeitenden einhergehen, damit im Falle einer Kompetenzlücke diese gezielt durch Trainingsmaßnahmen geschlossen werden kann. Bleibt dieser Schritt aus, sind die Mitarbeitenden schnell von ihren neuen Aufgaben frustriert und der angestrebte Erfolg des “Quiet Hiring” wandelt sich ins Gegenteil.
Die nötige Befähigung beinhaltet auch den Umgang mit der Technologie, die die vorherigen Aufgaben (teilweise) übernimmt.
Komponenten für ein erfolgreiches „Quiet Hiring“
Setzen Sie bereits auf „Quiet Hiring“, um Ihre internen Talente zu fördern? Bei REFLECT stehen wir Ihnen zur Seite, um einen genauen Blick auf Ihre Situation zu werfen, möglichen Handlungsbedarf an den richtigen Stellen zu erkennen und differenzierte Schlussfolgerungen zu ziehen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse erarbeiten wir praktikable und umsetzbare Lösungsansätze. Wir unterstützen Sie auf diesem Weg!
Quellen
Belias, D. I. M. I. T. R. I. O. S., & Sklikas, D. I. M. I. T. R. I. O. S. (2013). Aspects of job design. International Journal of Human Resource Management and Research, 3(4), 85-94.
Bonomi Savignon, A., Zecchinelli, R., Costumato, L., & Scalabrini, F. (2024). Automation in public sector jobs and services: a framework to analyze public digital transformation’s impact in a data-constrained environment. Transforming Government: People, Process and Policy, 18(1), 49-70.
Ortega, J. (2001). Job rotation as a learning mechanism. Management science, 47(10), 1361-1370.
Choudhary, Hitesh, https://unsplash.com/de/fotos/ein-mann-halt-ein-schild-u7r-VFdvQk8 (2022)
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