Hybrides Arbeiten gelingt, wenn Arbeitsmodi berücksichtigt werden
In unserer letzten Notiz erläuterten wir, wieso selbstorganisiertes hybrides Arbeiten die Zukunft des Arbeitens sein wird. Hybrides Arbeiten – also das Arbeiten vom Homeoffice, Büro, Co-Working Spaces und weiteren Orten aus – wird dann wirklich effektiv sein und auf die Ziele Ihres Unternehmens einzahlen, wenn Teams selbstorganisiert entscheiden, an welchen Arbeitsorten sie am produktivsten, kreativsten, fokussiertesten und gelassensten (zusammen-) arbeiten können.
In diesem Beitrag wollen wir der Frage nachgehen, was Teams als Grundlage dafür brauchen. Wie stellt man fest, welche Art von Tätigkeit man am besten wo macht? Und wie können sich Teams darauf einigen und selbstorganisieren? Lassen Sie sich dazu auf ein kleines Zukunftsszenario ein:
Die Vision einer Arbeitswelt, in der selbstorganisierte hybride Teams ihren Arbeitsort eigenständig wählen
Stellen Sie sich vor, Sie können sich in HR, im Betriebsrat oder im Topmanagement jegliche Diskussion rund um Homeoffice und Präsenzzeiten sparen – weil Sie Ihren Teams vertrauen, den unternehmerisch sinnvollsten Arbeitsplatz selbst zu finden. Als Unternehmer*in beobachten Sie Ihre Teams dabei, wie diese als mündige Gemeinschaften selbst entscheiden, wann sie wo arbeiten, basierend auf ihren aktuellen Bedarfen.
Ein solches selbstorganisiertes, kollegial kontrolliertes System würde die Produktivität, die Arbeitsqualität und die Mitarbeiterzufriedenheit, und damit -bindung hebeln. Denn Manager müssten keine komplizierten Entscheidungen bezüglich Arbeitsort mehr treffen, rigide Vorgaben machen und deren Einhaltung kontrollieren – und Mitarbeiter*innen müssen keine Workarounds finden, um ebendiese Regeln auszuhebeln, die sie eigentlich nur ausbremsen und nicht zur Entfaltung kommen lassen.
Selbst wenn Sie ein positives und optimistisches Menschenbild haben – wenn Menschen „faul“ wären, was würde sie stärker aktivieren: Eine Arbeitsplatzvorgabe, die sie blind einhalten, oder ein System, in dem sie selbständig entscheiden können, wo sie arbeiten, und diese Entscheidungen von Kolleg*innen bewertet werden?
Utopie? Geht total an der Realität vorbei? Esoterisches Gutmenschentum und Bäume umarmen? Wir glauben: Nein. Denn in einigen Unternehmen ist das heute schon nahezu Realität. Die hier gezeichnete Vision ist lediglich die logische Fortsetzung vieler Konzepte und Praktiken zu agilen, selbstorganisierten, evolutionären Organisationen, die sich in den letzten Jahren wie Lauffeuer verbreiten – weil sie den Zeitgeist, das Bild des mündigen Mitunternehmers, treffen. Stellt sich also die Frage:
Was brauchen Teams, um selbstorganisiert hybrid zu arbeiten?
Selbstverständlich kann Selbstorganisation nicht aus dem Boden gestampft werden. Ihre Teams einfach aufzufordern, sich ab sofort selbst zu organisieren und hybrides Arbeiten einzuführen, zu steuern, und zu optimieren – das wird nicht funktionieren. Unseres Erachtens braucht es 4 Erfolgshebel:
1) Motivation und Disziplin
Ein Team muss Lust haben, typische Führungsaufgaben stärker auf mehrere Schultern zu verteilen – und die Ernsthaftigkeit, Konfliktfähigkeit und Ausdauer, diese Herausforderung als Gemeinschaft zu bewältigen. Es braucht also reife (und das heißt nicht „harmonische“) Teams. Hier helfen grundlegende Lernbegleitungsmodule, welche die Teams und damit die ganze Organisation auf die nächste Reifegradstufe heben.
2) Strukturen, Räume und Tools
Wer hybrid arbeiten will, der benötigt einerseits einfache Prinzipien, die hybrides Arbeiten unbürokratisch und selbstbestimmt ermöglichen. Andererseits brauchen Mitarbeitende im Büro und auch zuhause die nötige räumliche Umgebung, um verschiedene Arbeitsmodi überhaupt ausüben zu können. Auch eine geschmeidige IT-Architektur, die von zuhause, unterwegs und im Büro die Bedarfe eines Teams nach Kollaboration, Sicherheit und Einfachheit stillen kann (u.a. Videokonferenzen, Chat, gemeinsame Dokumentenablage, synchrones Arbeiten an Unterlagen, Raumbuchungssoftware), ist im Jahr 2021 immer noch eher die Ausnahme als die Regel.
3) Soziales Dürfen
Hybrides Arbeiten muss in der Unternehmenskultur erlaubt sein – noch besser: gewollt und gefördert werden. Dazu benötigen Teams Vorbilder auf der Führungsebene, die hybrides Arbeiten selbst gut meistern oder noch besser: zeigen, dass sie auch gerade lernen, wie sie durch hybrides Arbeiten kreativer, produktiver und gelassener werden.
4) Fähigkeiten und Wissen
Na klar, Teams müssen auch selbstorganisiert hybrid arbeiten können. Und das heißt, es braucht praxisorientierte (Aus-) Bildung, was hybrides Arbeiten ist, wie es funktionieren kann und was es dabei zu beachten gilt. Diese Notiz hier ist ein erster Beitrag, Teams darzulegen, warum und wie sie Arbeitsmodi berücksichtigen können, wenn sie ihre hybride Arbeitswelt entwickeln.
Wie Arbeitsmodi die Wahl des Arbeitsortes beeinflussen
Bei der Wahl des richtigen Arbeitsortes spielen neben der Berücksichtigung der individuellen Arbeitstypen (dazu mehr in der nächsten Notiz) vor allem die unterschiedlichen Arbeitsmodi eine essentielle Rolle.
Je nachdem, welcher Arbeitsmodus benötigt wird, um ein Ziel zu erreichen, bietet sich ein anderer Arbeitsort an. Das kann bedeuten, dass Teams zum Beispiel beim wöchentlichen Check-out am Freitag gemeinsam die Arbeitsortplanung für die nächste Woche machen – dabei können sich durchaus hilfreiche Routinen ergeben, die sukzessive zu Vereinbarungen werden. So kann ein Team zum Beispiel entscheiden, dass am nächsten Montag gemeinsam im Büro gearbeitet werden soll, um in einem Konzeptionsworkshop einen wichtigen Kundentermin vorzubereiten, der am Donnerstag im Büro stattfindet.
Und um das Konzept aus dem Montagsworkshop fokussiert umsetzen zu können, entscheidet sich das Team dazu, am Dienstag und Mittwoch konzentriert von zu Hause aus zu arbeiten und per Videoschalten die weiteren Vorbereitungen zu koordinieren.
Am Freitag steht dann eine Retrospektive des letzten Sprints und des Kundentermins an, weshalb sich das Team für einen Bürotag entscheidet, der außerdem zum Austausch mit anderen Teams genutzt werden soll, die freitags meist ebenfalls Austauschformate im Büro abhalten.
Eine solche Planung kann auch auf 2 Wochen ausgeweitet werden. Für längere Zeiträume ist eine genaue Arbeitsortplanung vermutlich in vielen Fällen schwierig und vielleicht auch wenig sinnvoll. Wie gesagt, natürlich können sich hierbei sinnvolle Routinen entwickeln, die Teammitgliedern auch helfen, wichtige private Termine unterzubringen – zum Beispiel, weil sich ein Team entscheidet, montags in aller Regel von zu Hause aus zu arbeiten, da statt Austausch meist Stillarbeit an diesen Tagen am effektivsten ist. Und genauso können auch mehrere Teams gemeinsam entscheiden, ob sie bestimmte Tage regelmäßig für Austauschformate wie Barcamps oder Open Spaces nutzen wollen.
Unsere Abbildung liefert eine grundsätzliche Orientierung, die Teams als Entscheidungsgrundlage bei der Arbeitsortplanung dienen kann. Bietet Ihr Unternehmen einen wirklich guten Multispace, so kann jeder Arbeitsmodus auch vor Ort im Unternehmen seinen Raum finden. Dies erleichtert die Arbeitsortplanung – da auch im Büro Homeoffice-ähnliche Umstände kreiert werden können – mit dem Vorteil des situativen und unkomplizierten Moduswechsels.
Fazit
Fassen wir zusammen: Als Unternehmen profitieren Sie davon, wenn reife Teams über ihren Arbeitsort selbst entscheiden, da sie den Arbeitsort wählen, der gemäß Situation und Herausforderung am sinnvollsten – also das beste Mittel zur Zielerreichung – ist.
Wie Sie es aus agilen Kontexten gewohnt sind, geben Führungskräfte zwar noch vor, WAS erreicht werden soll – die klassische Product Owner Tätigkeit – überlassen ihren Teams aber, WIE sie das erreichen wollen.
Die Wahl des passenden Arbeitsmodus und Arbeitsortes ist deshalb ein entscheidender WIE-Faktor und ein logischer Schritt zu mehr Selbstorganisation, Empowerment und Potenzialentfaltung.
Damit Ihre Teams sich mit der Wahl des Arbeitsortes leichter tun, ist es sinnvoll, anstehende Aufgaben nach Arbeitsmodi zu unterscheiden und dann den entsprechenden Arbeitsort gemeinsam zu wählen – z.B. per Konsententscheid.
So lösen Sie das Dilemma rund um die Vorgabe von Homeoffice-Tagen und schaffen eine Kultur der Verantwortungsübernahme und des Unternehmertums. Das kann klappen – vor allem, wenn Sie ab morgen starten, diese Vision vorzuleben und ihren Lernprozess des hybriden Arbeitens mit Ihren Kollegen und Mitarbeitenden teilen.