In der Serie „New Work – Neue Arbeitswelten“ beschäftigen wir uns mit den Anforderungen an die Arbeitsumgebung, damit “New Work” gelingen kann. Zentraler Punkt in der Gesunden Organisation ist balancierte Führung. Unternehmerisch denkende, engagierte, kreative, glückliche und gesunde Mitarbeiter sind letztlich der größte Wettbewerbsvorteil, den ein Unternehmen schaffen kann.
Der Hirnforscher Gerald Hüther betont, dass Motivation immer dann entsteht, wenn die Qualität im Umgang und die Qualität im Umfeld stimmt. Die Arbeitsumgebung, der Raum, ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für unsere Arbeit.
Im dritten Teil der Serie zu „New Work – Neue Arbeitswelten“ beschäftigen wir uns mit dem Konstrukt der Führung, ihrem Einfluss und ihrer Wirkung hinsichtlich einer sinnvollen Nutzung des Raums.
Abbildung 1: Die Gesunde Organisation und Qualität im Umfeld
Gute Führung war schon immer eine Herausforderung. Durch die Digitalisierung kommen neue Anforderungen der VUCA-Welt hinzu: bedingungslose Transparenz, maximale Flexibilität, sinnvolle Vernetzung und hohe Partizipation. Führen bedeutet, Menschen dabei zu unterstützen, sich selbst zu führen und Andere zu entwickeln oder wie Prof. Götz Werner sagt:
„Führung ist heute nur noch legitim, wenn sie die Selbstführung der anvertrauten Mitmenschen zum Ziel hat.“
Immer mehr Menschen sind Wissensarbeiter, was bedeutet, dass ihre Aufgabe im Wesentlichen nicht mehr nur darin besteht, definierte Arbeiten zu verrichten, sondern mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung stets neue Probleme lösen zu können. Kreativität und Intuition sind gerade jetzt in der Postdigitalisierung sehr wichtig. Doch welche Raumkonzepte fördern diese Entwicklungen und welche Bereiche sind tangiert?
In unserem Konzept der Balancierten Führung findet Führung auf drei Ebenen statt. Verantwortliche führen sich selbst, übernehmen Verantwortung für Andere im Team und führen auch die Gesamtorganisation.
Abbildung 2: Führung im Kontext der Gesunden Organisation
Die Implementierung dieser Ansichten in der Praxis stellt den Schlüssel zur Entwicklung einer responsiven, gesunden Organisation dar. Übertragen wir diese Ansichten auf den Raum, empfehlen wir folgendes:
Führung als Unterstützung zur Selbstführung – in Bezug auf den Raum
Der Mitarbeiter sollte sich selbst innerhalb der organisationalen Strukturen wiederfinden, diese mitgestalten und verändern können. Selbstorganisation ist hier der entscheidende Aspekt. Für konzentriertes Arbeiten sollten Ruhezonen vorhanden sein, für die Rekreation in Pausen schaffen Kaffeeecken und gemütliche Leseecken Möglichkeit zur Erholung, Stehtische und andere ergonomische Angebote sollten Bewegung in den Büroalltag bringen, ein Fitnessraum schafft außerdem die Möglichkeit sich gesund und fit zu halten – trotz überwiegend sitzender Tätigkeit. Da Mitarbeiter im Homeoffice oft zufriedener sind, sollte die Möglichkeit der Heimarbeit angeboten und unternehmensseitig unterstützt werden.
Mitarbeiterführung – in Bezug auf den Raum
Um Mitarbeiter zu führen, ist die Vorbildfunktion der Führungskräfte entscheidend, um die gewünschten neuen Arbeitswelten tatsächlich auch nachhaltig zu etablieren. Wenn die Führungsebene die Veränderungen aktiv vorlebt, können diese akzeptiert und angenommen werden. Übertragen auf den Raum bedeutet dies:
Nur wenn auch die Führungskraft auf der Kollaborationsfläche sitzt, ist eine offene Feedbackkultur möglich und Entscheidungen können schnell getroffen werden.
- Nur wenn die Führungskraft in der Nähe des Teams und nicht elaboriert im Eckbüro sitzt, ist die Ansprechbarkeit gewährleistet und Meetings können reduziert werden.
- Nur wenn auch die Führungskraft das Teamboard aktiv nutzt, kann das Team „agil“ arbeiten .
- Nur wenn die Führungskraft sich in der Mittagspause in der neuen Hängematte fläzt, trauen sich auch die Mitarbeiter, dies gleich zu tun.
Aber: Gerade für Sorgen und Ängste der Mitarbeiter sollten geschützte Räume zugänglich sein. Balanciert zu führen, bedeutet natürlich auch, ein offenes Ohr zu haben. Dies braucht einen geschützten Rahmen. - Die Vorbildfunktion der Führungskraft ist ein wichtiger Aspekt in der neuen Arbeitsumgebung. Verantwortliche tun gut daran, gemeinsam mit ihren Teams einen Arbeitskontext zu gestalten, in welchem Potenzialentfaltung möglich ist. Die Richtung ist eindeutig: mehr Selbstorganisation, mehr cross-funktionale Teams, mehr multiterritoriale Arbeitsplätze.
Dies bedeutet in Hinblick auf die Arbeitsumgebung auch Raum für Kreativität und Innovation. Für “Design-Thinking Workshops” benötigt man offene Arbeitsflächen, in denen ausprobiert, skizziert, diskutiert, getestet und Kunden eingeladen werden können. Entsprechende Materialien, die zur Kreativität und zum Ausprobieren anregen, sind hilfreich, um die Teams bestmöglich in der Ideenfindung zu unterstützen. Der Raum ist auf Interaktion, Bewegung und Kommunikation ausgelegt.
Unternehmensführung – in Bezug auf den Raum
Auf Unternehmensebene geht es darum, gesamtorganisationale Strukturen anpassungsfähig, organisch und kundenorientiert („customer centricity“) zu entwerfen. Gebäude können entsprechend ihrer Wertschöpfungskette vom Kunden aus gebaut werden. Auf der Fläche sitzen genau die Menschen in unmittelbarer Nachbarschaft, die für einen Teil der Wertschöpfungskette zuständig sind. So entsteht ein organischer Fluss, der Sinn und Orientierung gibt.
Kundenorientierung und „Employer Branding“ stellen relevante Faktoren für den Gesamtunternehmenserfolg dar. Die Organisation überzeugt und inspiriert durch ihren Außenauftritt. Wie beim Menschen gilt auch hier: Der erste Eindruck zählt.
Offene Räume schaffen Sichtbarkeit und fördern Austausch und Kommunikation. Kunden wie auch Mitarbeiter fühlen sich willkommen. Flache Hierarchien, Zellenorganisationen und Beziehungen auf Augenhöhen können räumlich visualisiert werden.
Kontext – in Bezug auf den Raum
Innovationen entstehen oft durch glückliche Zufälle, auch “Serendipity” genannt. Dies ist eine zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, welches sich als neue und überraschende Entdeckung erweist (Wikipedia).
Neben dem strukturierten Austausch in Meetings sind es Begegnungen mit unterschiedlichen Personen und Informationen, die Innovation erzeugen. Organisationen können Kreativität und Kommunikation fördern, indem sie bewusst (zufällige) Begegnungsorte in der Organisation schaffen.
Ein klassischer Begegnungsort ist die Hotellobby. Dort trifft man sich, tauscht sich aus, isst, trinkt, liest, beobachtet, arbeitet… In einem Unternehmen kann man ähnliche Begegnungsorte schaffen. Diese Räume ermöglichen immer auch Arbeit: Steckdosen und WLAN sind ausreichend vorhanden und intelligent mit Möbeln verbunden, welche sich wiederum schnell zu einem arbeitsfähigen Ort umfunktionieren lassen.
Fazit:
Innerhalb der Ebenen der Führung, Individuum, Team und Organisation, hat das Arbeitsumfeld einen erheblichen Einfluss und beeinflusst maßgeblich die erfolgreiche Umsetzung von „New Work“.